Invasive Arten verursachen 500 Prozent mehr Kosten als angenommen
Die in der Fachzeitschrift „Environmental Sciences Europe“ veröffentlichte Studie macht deutlich, wie hoch der von invasiven Arten ausgelöste finanzielle Schaden in der EU ist. Grundlage für die Berechnungen waren 49 ausgewählte gebietsfremde Tierarten und die Frage, welche Kosten diese in der EU verursachen. Das Ergebnis: Der ökonomische Schaden ist um mutmaßlich 501 Prozent höher als zuerst angenommen und beläuft sich auf 26,64 Milliarden Euro. Dass diese „Dunkelziffer“ derart hoch ist, liegt daran, dass bisher lediglich die Kosten für gerade einmal zwei Prozent aller eingedrungenen Tierarten erfasst wurde. Besonders enorm sind die wirtschaftlichen Schäden laut Studie durch biologische Eindringlinge in Litauen, Malta und der Tschechischen Republik. Dr. Phillip Haubrock vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt ist Mitautor und sagt: Die Projektionen unserer Studie zeigen zudem einen erheblichen Anstieg der besonders kostspieligen Arten – bis 2040 könnten die Gesamtschäden demzufolge auf eine schwindelerregende Summe von über 142,73 Milliarden Euro ansteigen.“
Invasive Arten bedrohen hiesiges Ökosystem
Invasive Arten breiten sich in gebietsfremden Regionen aus und bedrohen dadurch die biologische Vielfalt, andere Tier- und Pflanzenarten und damit auch die heimischen Ökosysteme. Hierzulande sieht man seit einigen Jahren immer mehr Nutrias durch Flüsse schwimmen: Sie stammen eigentlich aus Südamerika, sind aus Pelztierfarmen entkommen und breiten sich seither in Deutschland aus. Viele solcher „Eindringlinge“ sind aus kommerziellen Gründen und zu Vergnügungszwecken bewusst in die EU gebracht worden – zur Bejagung, für den Pelzhandel, für Zoos oder das Heimtiergeschäft. Einige Arten wiederum sind unabsichtlich eingeschleppt worden, etwa auf Schiffen. Haubrock erklärt: „Wir wissen, dass es in der EU tausende gebietsfremde Arten gibt – Spezies, die in der Regel vom Menschen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets eingeführt wurden. Für viele dieser Tiere und Pflanzen gibt es jedoch keinerlei Dokumentation für die wirtschaftlichen Kosten, welche diese bereits verursachen. In Frankreich beispielsweise gibt es 2.621 nachgewiesene invasive Arten, aber nur für 98 Arten wurden die entstehenden Kosten ausgewiesen – das führt zu einer enormen Unterschätzung der tatsächlichen finanziellen Verluste!“
Erhebliche Wissenslücken in der Kostenbewertung
Um sich ein genaueres Bild zu machen, hat die Forschergruppe die wirtschaftlichen mit Prognosemodellen errechnet: „Unsere Ergebnisse sind alarmierend: Von den rund 13.000 bekannten invasiven Arten in der Europäischen Union wurden nur für 259 – rund zwei Prozent – die verursachten Kosten gemeldet. Das zeigt die erheblichen Wissenslücken bei der Kostenbewertung“, so Haubrock. Durch die Globalisierung und den weltweiten Handel können sich auch in Zukunft immer mehr invasive Arten in der Europäischen Union ausbreiten. Nicht zuletzt, weil Europa ein Zentrum des Handels, der Migration und des Tourismus ist. „Dies macht sowohl Kontinentaleuropa als auch die Europäische Union mit ihren derzeit 27 Mitgliedstaaten auch besonders anfällig für biologische Invasionen“, erklärt Haubrock. Die Forscher fordern deshalb koordinierte internationale Maßnahmen, um genau das zu verhindern. Die Länder müssten gemeinsam dafür Sorge tragen, dass keine neuen schädlichen Arten eingeschleppt werden und die bereits vorhandenen Eindringlinge stärker kontrollieren.