Eröffnung: Einmaliges Experimentierfeld für Friedhofsentwicklung

Der „Campus Vivorum“ in Deutschland ist das erste und einzige Experimentierfeld für die Friedhofsentwicklung weltweit. Auf fast 6.000 Quadratmetern können sich Fachleute ab sofort inspirieren lassen und erfahren, wie ein gut konzipierter Friedhof die Trauerbewältigung unterstützen kann.

Die Eröffnung des „Campus Vivorum“ in Süßen (Baden-Württemberg). Foto: Raum für Trauer

Der „Campus Vivorum“ soll als Inspiration dienen

In Baden-Württemberg – genauer: in einem Ort namens Süßen – öffnete am 29. Juni 2023 ein weltweit einmaliges Experimentierfeld für die Friedhofsentwicklung seine Pforten. Der „Campus Vivorum“ umfasst knapp 6.000 Quadratmeter und wurde von der Initiative „Raum für Trauer“ realisiert. Ideeller Träger ist die Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal. Auf dem Gelände werden ab sofort Lösungen zur künftigen Entwicklung kommunaler und kirchlicher Friedhöfe praktisch erfahrbar gemacht. Ziel des Campus Vivorum ist es, Friedhöfe in Zukunft so zu gestalten, dass sie sich an den Bedürfnissen der Hinterbliebenen orientieren. Individuelle Trauerrituale, wie das Ablegen persönlicher Grüße, Blumen oder Gegenstände, sollen hier direkt am Grab erlaubt sein. Der Campus Vivorum soll erlebbar machen, dass und wie gut das geht.

Mehr Handlungsfreiheit an pflegefreien Grabformen

Die Initiative „Raum für Trauer“ hat sich nach eigenen Angaben jahrelang mit der psychologischen Wirkung des Grabes zur Trauerbewältigung auseinandergesetzt. Im Austausch mit Wissenschaft und Praxis kamen sie zu dem Schluss: Die eigentliche Funktion des Grabes als Trauerort für Hinterbliebene kommt wird oft nicht ausreichend erfüllt, weil wichtige Rituale beispielsweise oft per Satzung verboten sind. Für Hinterbliebene ist es in der Regel wichtig, dass sie einen Ort haben, an dem sie individuell trauern können. Um ihrer ganz persönlichen Emotionen Ausdruck zu verleihen, sind bestimmte Freiheiten von großer Bedeutung. Die Initiative „Raum für Trauer“ findet jedoch, dass diese Freiheiten aktuell bei vielen pflegefreien Grabformen, ob im Wald oder auf dem Friedhof, nicht gegeben sind. Das Experimentierfeld in Süßen soll dazu anregen, dass künftig auch pflegefreie Grabformen künftig so gestaltet beziehungsweise ausgewählt werden, dass Handlungsfreiheit für Hinterbliebene besteht.

Verschiedene inhaltliche Schwerpunkte

Im Rahmen der Eröffnung betonte Nicole Razavi (Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen in Baden-Württemberg): „Die Initiative Raum für Trauer hat erkannt, wie wichtig individuelle Trauerarbeit für Hinterbliebene ist. Diese Individualität müssen wir weiter fördern, indem wir den Wandel der Trauer- und Friedhofskultur vorantreiben. Der Campus Vivorum leistet dabei einen enorm wichtigen Beitrag. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung des Friedhofs weg von einer reinen Ruhestätte hin zu einem lebendigen Ort der Erinnerung. Einen Ort, an den wir gerne gehen.“ Auf dem Campus Vivorum gibt es inhaltliche Schwerpunkte, die verschiedene Trauerhandlungen ermöglichen: So existieren „Bereiche der kollektiven Trauer“, „Bereiche der inneren Reflexion und „Bereiche des Erlebens der Natur“. Während Bürger – aber allen voran Fachleute – die parkähnliche Anlage besuchen, sollen sie erfahren, wie ein gut konzipierter Friedhof die Trauerbewältigung wirkungsstark unterstützen kann. Die Initiatoren wünschen sich, dass der Campus Vivorum als Inspiration dient, sodass der örtliche Friedhof in Zukunft (wieder) zu einem attraktiven Mittelpunkt der kommunalen Infrastruktur wird.

ein Mann sitzt an einem Grab
Vielen Menschen hilft es, ihrem Schmerz direkt am Grab Ausdruck zu verleihen. Foto: Raum für Trauer/Achim Eckhardt