Direkte Wiederverwendung als Ziel
„Bauteile so zusammenzufügen, dass sie später leicht getrennt und wiederverwendet werden können“, darum geht es laut Andrea Klinge beim kreislaufgerechten Bauen. Die Professorin für zirkuläres Bauen vom Berliner Büro ZRS Architekten Ingenieure erläutert: „Recycling bedeutet leider oft noch Downcycling. Das heißt: Wir setzen die Rezyklate im Erd- und Tiefbau wieder ein, also eine niederwertige Anwendung. Das Ziel ist aber die direkte Wiederverwendung oder ein Recycling auf gleicher Stufe, sprich: Ein Träger wird wieder zu einem Träger.“ Der zweite Punkt sei die Planung. Klinge sagt: „Unser Ziel muss es sein, Gebäude und Bauteile so zu konstruieren, dass wir die darin verbauten Ressourcen sortenrein rückbauen können. Trenn- und rückbaubar entwerfen heißt außerdem, reversible Verbindungen andenken“, so die Architektin. Im Fall von Holz bedeutet das beispielsweise: stecken statt verleimen.
Kreislaufwirtschaft Teil des „Europäischen Green Deals“
Diese Kreislaufwirtschaft ist Teil des „Europäischen Green Deals“ mit dem Vorhaben, bis 2025 klimaneutral zu werden. Aus Brüssel heißt es: „Eine Kreislaufwirtschaft verringert den Druck auf die natürlichen Ressourcen und ist eine Voraussetzung, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen und dem Verlust an biologischer Vielfalt Einhalt zu gebieten.“ Die Optik soll dabei nicht zu kurz kommen, und so läuft die Initiative „Neues Europäisches Bauhaus“. Inspiriert durch die Bauhaus-Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts soll Europa einen neuen, gestalterischen Aufbruch wagen: von klimafreundlicher Architektur über nachhaltiges Design bis hin zum Aufbau einer Kreislaufwirtschaft. Ein Beispiel dafür ist der Holzpavillon, der 2019 auf der Bundesgartenschau in Heilbronn entstand.
„Wir müssen Projekte ganzheitlich bewerten“
Von 2021 bis 2022 förderte die EU-Kommission „kleine und groß angelegte Projekte in ganz Europa“ mit über 100 Millionen Euro. Ende Januar zog sie eine positive Bilanz und stockte die Finanzierung für 2023 und 2024 auf 106 Millionen Euro auf. Architektin Andrea Klinge begrüßt die Initiative für mehr Nachhaltigkeit auf dem Bau. „Großartig“, sagt sie und ergänzt: „Im Bausektor wird immer noch zu sehr investiv gedacht. Das ist nicht immer gut. Schon gar nicht fürs Klima.“ Klinges Fazit für künftige Anforderungen an das reversible Bauen lautet: „Wir müssen Projekte ganzheitlich bewerten und den ökologischen Fußabdruck und Lebenszykluskosten in Betracht ziehen, sonst treffen wir die falschen Entscheidungen und verschieben die Probleme auf künftige Generationen.“