Altmarktgarten in Oberhausen: Gelungenes Urban Farming
Seit 2019 wächst und sprießt es auf dem Jobcenter Oberhausen: Das Dach dient als Gewächshaus und beheimatet auf 1.100 Quadratmetern Kräuter, Salate und Erdbeeren. Der sogenannte Altmarktgarten ist ein gutes Beispiel für gelungenes Urban Farming – in diesem Fall „InFarming“. Das Konzept hat es sich zur Aufgabe gemacht, Anbauflächen für Obst und Gemüse im städtischen Raum zu schaffen, etwa durch gebäudeintegrierte Landwirtschaft wie hier in Oberhausen. Das Pionierprojekt ist eine Reaktion auf das Dilemma einer stetig wachsenden Bevölkerung, während immer weniger Anbauflächen für Lebensmittel zur Verfügung stehen. Dichtbebaute Städte hingegen gibt es genug – warum diese also nicht als Farmstandort nutzen? Um diesen Denkanstoß möglichst vielen Menschen mitzugeben, öffnet der Altmarktgarten regelmäßig seine Pforten und bietet informative Führungen an.
Tag der offenen Tür: Erlös geht als Spende an die Ukraine
Am 1. Juli 2023 war es wieder soweit und der Altmarktgarten veranstaltete einen Tag der offenen Tür. Wolfgang Grüne ist Geschäftsführer von „Grüne Innovation“, sein Betrieb kümmert sich um die gärtnerische Betreuung des Dachgewächshauses. Am 1. Juli war Grüne daher natürlich auch vor Ort und freute sich über die große Besucheranzahl „Es war viel mehr los als erwartet, wir haben mindestens 30 Schalen Erdbeeren und viele Kräuter verkauft“, erzählt der Gärtner mit dem Fachgebiet Aquakultur. Insgesamt kamen so 250 Euro zusammen. Der Verein „Oberhausen hilft“ kauft von dem Erlös medizinisches Material, Babynahrung, Pampers und Süßigkeiten für ein Kinderkrankenhaus im ukrainischen Saporischja.
Erdbeeren kamen am Tag der offenen Tür besonders gut an. Foto: Wolfgang Grüne
„Salat wächst nicht im Aldi“
„Der Altmarktgarten wird überwiegend sehr positiv aufgenommen“, berichtet Grüne stolz. Beim Gespräch mit dem Gärtner schwingt viel Herzblut mit – schnell merkt man, dass das Projekt für ihn mehr ist, als bloß ein Job. „Ich bin Gärtner mit Leib und Seele“, bestätigt er diesen Eindruck. Deshalb ist es ihm ein großes Anliegen, Menschen und Landwirtschaft einander näherzubringen – InFarming zum Anfassen quasi. Damit die Gesellschaft sich ein Bild davon machen kann, wie urbane Selbstversorgung funktioniert. Idealerweise fängt diese Annäherung bereits in jungen Jahren an, deshalb gibt es auch Kooperationen zwischen dem Altmarktgarten und Kindergärten oder regelmäßige Projektwochen mit Schulklassen. „Die Kinder sollen sehen, dass Salat nicht im Aldi wächst“, findet Grüne. Er selbst wird Ende des Jahres zum ersten Mal Vater und freut sich riesig auf sein neues „Projekt“, lacht er augenzwinkernd.
Auch Kräuter fühlen sich im Dachgewächshaus durchaus wohl. Foto: Wolfgang Grüne
Wolfgang Grüne ist vielseitig aktiv im grünen Umfeld
Wolfgang Grüne ist seit Neuestem nicht nur Geschäftsführer von „Grüne Innovation“ und werdender Vater, sondern vieles mehr: Gerade schreibt er an seinem ersten Buch und betreibt seit Jahren seinen eigenen YouTube-Kanal „WolfAqua“. Hier gibt er Einblicke in Aquaponik, Aqua- und Hortikultur. Sein Ziel ist es, kostenfrei Fachwissen über ressourcenschonende Technologien zu vermitteln und Menschen für Technik zu begeistern. Die Videos dreht er freilich in Eigenregie. Und wenn er sich nicht gerade in eines dieser vielseitigen Projekte stürzt, ist er beispielsweise in Mexiko unterwegs. Im Heimatland seiner Frau (mit der er im Übrigen eine Imkerei betreibt) hat er als Fachmann natürlich auch dort heimische Pflanzen im Blick. So entdeckte er vor einigen Jahren auch das Pepicha-Kraut: „Das erinnert ein wenig an Estragon, aber auch an Petersilie. Man muss es einfach mal probiert haben“. Zurück in Deutschland fand er einen Saatgut-Anbieter von Pepicha und empfahl das Gewürz einem Gastronomen aus Essen. Seither versorgt er das Restaurant „Schlemmwerk“ exklusiv mit dem nordamerikanischen Kraut.
Urban Farming: Ein Zukunftsmodell?
Der Anbau spezieller Pflanzen ist fester Bestandteil vom Dachgewächshaus in Oberhausen. Grüne kultiviert hier auch Exoten, die man normalerweise nicht so leicht bekommt. Neben Pepicha findet sich hier zum Beispiel Thai-Basilikum – das ist besonders beliebt. Heimische Klassiker wie Petersilie haben hier aber genauso ihren festen Platz. Auf die Frage, wie die hiesige Zukunft vom InFarming aussieht, hält sich der Gärtner bedeckt: Ja, es gibt weitere Pläne für gebäudeintegrierte Landwirtschaft. „In Norddeutschland passiert gerade viel – mehr kann ich vorerst aber nicht verraten“. Doch in einem Punkt ist er sicher: „Urban Farming ist für viele deutsche Städte interessant. Was das betrifft, blicke ich eindeutig optimistisch in die Zukunft.“