Kaufzurückhaltung bei Äpfeln
Die Apfelproduktion erwartet in diesem Jahr eine Rekordernte, optimale Witterungsbedingungen sorgten dafür, dass die Bäume ausreichend Früchte in hoher Qualität tragen. Wie das Landvolk Niedersachsen kürzlich bekannt gab, werden die Erzeuger allerdings nicht alle Äpfel ernten können. „Wir werden gut 320.000 Tonnen Äpfel ernten, fünf Prozent mehr als 2021 mit einer super Qualität und aufgrund des sonnenreichen Sommers mit einer hervorragenden Süße, aber wir bekommen sie im Moment einfach nicht verkauft“, erklärt Claus Schliecker, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen und nennt damit gleich einen der Gründe, weshalb viele Äpfel nicht geerntet werden, die Kaufzurückhaltung. Diese sei allerdings nicht einzig beim Endverbraucher zu spüren, auch die Mostbetriebe besorgen sich ihre Ware aus der günstigeren ausländischen Produktion.
Energiepreise treiben Kosten in die Höhe
Darüber hinaus sorgen die steigenden Energiepreise für Probleme, denn zur Lagerung müssen die Äpfel auf 3 Grad heruntergekühlt werden, was enorm viel Energie benötigt. „[…] der Kostenanteil des Apfels besteht zu 60 Prozent aus Energiekosten“, beziffert Schliecker den Energiepreisanteil am Endprodukt. „Das […] wird bei einigen Betrieben zu extremen Liquiditätsproblemen führen. Die Crème de la Crème der Äpfel ist geerntet, sodass das Ernten weiterer Äpfel nicht mehr sinnvoll und unwirtschaftlich ist. Diese Äpfel werden am Boden liegenbleiben, die Anlagen werden nicht vollständig abgeerntet.“ Die Stimmung unter den Apfelproduzenten sei demnach aktuell nicht besonders gut, auch wenn man gleichzeitig die Situation der Verbraucher nachvollziehen könne, da niemand so recht weiß, wie der Winter ausfallen wird.
„Wollen von Produkten nicht von Almosen leben“
Als zusätzliche Hürde steht für die Betriebe auch noch die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro an. Hier sieht das Landvolk für deutsche Produzenten keine Chancen auf dem Weltmarkt mithalten zu können. „Das ist kein Jammern, sondern der Versuch, die faktenbasierte Ist-Situation dem Verbraucher klarzumachen – und das ist verdammt schwer“, sagt Schliecker. „Die Politik muss endlich das Signal senden, dass in Deutschland erzeugte Lebensmittel – egal ob bio oder konventionell – hochwertig und für jeden Geldbeutel erschwinglich sind. Wir Landwirte und Obstbauern wollen von unseren Produkten und nicht von Almosen leben, doch das ist faktisch nicht mehr möglich. Wir haben viel höhere Standards und können nicht zu Weltmarktpreisen unsere Produkte verschleudern. Der Strukturwandel wird sich deshalb erheblich beschleunigen“, macht der Obstbauvorsitzende deutlich.