Wann ist eine Preisanhebung für Unternehmen effizient?
Unternehmen, ob Produzenten oder Einzelhändler, müssen sich mit den stark veränderten Rahmenbedingungen versuchen zu arrangieren. Dabei geht es einerseits um den Blick auf die eigene Kostenstruktur, mit daraus resultierenden Preisanhebungen. Andererseits ist aber auch das Konsumverhalten des Verbrauchers, sprich des Kunden, der durch die Krise ebenso mit vielen Unwägbarkeiten und einer Rekordinflation zu kämpfen hat, in die Betrachtung mit einzubeziehen. Insofern treffen am Markt Preisanhebungen auf eine Konsumzurückhaltung, die das Prinzip von Angebot und Nachfrage neu justieren.
An dieser Stelle wurde bewusst auf den sonst unter preispolitischen Aspekten üblichen Begriff „Preisanpassung“ verzichtet, da oftmals der neu festgesetzte Preis nur teilweise die Mehrkosten deckt. Vielfach ist aus der Praxis zu hören, dass die gestiegenen Kosten nicht eins zu eins an die Kunden weitergegeben werden können, da sonst die Ware gar nicht mehr abfließt. So zeigt sich in der aktuellen Situation das wichtige Thema Preisgestaltung oftmals als Vabanquespiel. Kunden müssen dabei in Kauflaune gehalten werden, um nicht größere Einbußen im Mengenabsatz hinnehmen zu müssen. Aus Sicht des Händlers geht es darum, so wenig wie möglich an Umsatz und Margen einzubüßen. Dabei alles dem Bauchgefühl zu überlassen, kann unterm Strich zu einem bösen Erwachen führen. Von daher lohnt es sich, Preisanpassungsmaßnahmen rechnerisch auf den Prüfstand zu stellen, nach dem Motto „Was wäre, wenn“. Die Modellrechnung am Beispiel Pelargonium zonale zeigt den Zusammenhang zwischen Preisanpassung und maximal hinnehmbarer Mengenreduzierung, bei einem um zehn Prozent höheren Soll-Rohertrag.
Fallbeispiel Pelargonium zonale
Für unseren fiktiven Fachhändler FLORIAN wird eine Preisanhebung bei seinen Pelargonien im 13-Zentimeter-Topf in 2023 erneut unumgänglich, nicht zuletzt auch bedingt durch eine weitere Kostensteigerung im Einkauf. Während 2019 der Wareneinstandspreis bei 1,30 Euro/Stück lag, betrug er 2022 bereits 1,45 Euro und wird aller Voraussicht nach in der aktuellen Saison nochmals um 6,9 Prozent auf 1,55 Euro/Stück steigen, laut Information vom Lieferanten.
Seine Verkaufspreise kletterten von 2,49 Euro in 2019 auf 2,79 Euro/Stück in 2022. Für die bevorstehende Saison setzt er den Verkaufspreis auf 2,99/Stück hoch (plus 7,2 Prozent), um knapp unter der „Schallmauer“ von drei Euro zu bleiben. Er hofft, wie schon im Vorjahr, auf einen möglichst geringen Rückgang der Verkaufsmengen. Dennoch möchte er wissen, welchen Mengenrückgang er gegebenenfalls verkraften könnte, wobei auch der Rohertrag, bedingt durch die gestiegenen Betriebskosten, um jeweils zehn Prozent steigen soll.
Gemäß der Modellrechnung (Variante 1) erzielte FLORIAN in 2019 einen Rohertrag von 1.020 Euro aus dem Verkauf von 1.000 Pelargonien zum Preis von 2,49 Euro/Stück. Bei einer Anhebung in 2022 um 12,0 Prozent auf die neue Preisschwellenkante von 2,79 Euro und dem anvisierten Soll-Rohertrag von 1.122 Euro (plus 10,0 Prozent) durfte der Verkaufsmengenrückgang nicht mehr als 3,3 Prozent, auf 967 Stück betragen (Variante 2). Die Konstellation für 2023 (Variante 3) zeigt, dass ein weiterer Anstieg des Wareneinsatzes auf 1,55 Euro/Stück, in Verbindung mit einem weiteren, notwendigen Rohertrags-Plus von wiederum 10,0 Prozent auf 1.234 Euro, ein Verkaufspreis von 2,99 pro 13-Zentimeter-Topf, erforderlich wird. Dabei darf sich allerdings die Verkaufsmenge nur um 0,5 Prozent auf 995 Stück reduzieren. So die rein betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise.
Fazit
Pelargonien zählen zu den Preisleitpflanzen. Von ihrem Preis geht in gewisser Weise eine Signalwirkung aus, mit Strahlkraft darauf, wie aus Sicht des Konsumenten die gesamte Preisstellung eines Händlers eingeschätzt wird. Pelargonien stehen folglich im Fokus des Preiswettbewerbs. Aller Voraussicht nach, dreht sich nach Lage der Dinge auch 2023 die Kosten-Preisspirale weiter nach oben. Die Modellrechnung bezogen auf eine Losgröße von 1.000 Stück zeigt, dass sich bei den unterstellten Konstellationen von Wareneinstandspreisen, Verkaufspreisen unter Berücksichtigung von Preisschwellen und den erforderlichen Soll-Roherträgen kaum Spielräume für Verkaufsmengen-Reduzierungen ergeben.
Preiserhöhungen sind für Konsumenten nie schön. Gerade bei Eckartikeln unterliegen sie einer besonderen Sensibilität. Somit stellt sich die Kardinalfrage: Wie reagieren die im Sparmodus befindlichen Konsumenten, wenn Perlagonien im Facheinzelhandel die Drei-Euro-Marke touchieren? Klar ist: Mit Lockvogelangeboten, wie sie im Systemhandel für Pelargonien oft praktiziert werden, kann der Fachhandel nicht mithalten. Will er aber dennoch an dem zu verteilenden Kuchen partizipieren, ist es wichtig, die bekannten Attribute wie Qualität und Auswahl, neben etlichen weiteren Einkaufsargumenten, deutlich herauszustellen. Hinzu kommen neue Farben, Topfdesign, vielleicht auch noch Schmucketiketten und Produktinformationen, verbunden mit einer Präsentation in gediegenem Umfeld. Die Devise heißt: „Raus aus der Masse und Konsumlust ankurbeln“. In diesem Kontext werden Preise besser akzeptiert und nicht zum alles entscheidenden Kaufargument.
Inwieweit ein Downgraden der Qualität, etwa auf den 10,5-Zentimeter-Topf mit einem Wareneinstandspreis von 1,35 Euro/Stück bei gleichzeitiger Beibehaltung der Preisanhebung auf 2,99 Euro, ebenfalls ein ernsthaft ins Auge zu fassender Weg wäre, ist zumindest diskussionswürdig. Modelliert nach dem Berechnungsschema wäre dann eine Verkaufsmengen-Reduzierung um 14,3 Prozent auf 857 verkaufte Stück in der Lage, den Soll-Rohertrag von 1.234 Euro zu generieren. An dieser Stelle erhebt sich die nächste Kardinalfrage: Inwieweit ist das Kundenklientel des Fachhändlers stringent qualitätsaffin, oder schätzen sie das gesamte Drumherum höher ein und bleiben dem Händler dennoch treu? Prognosen sind schwierig, denn sie betreffen die Zukunft.