Biotomaten aus dem Freilandanbau

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Der Bioanbau von Tomaten im Freiland lebt von der richtigen Sortenwahl. Auf die Züchtung dieser hat sich das ökologische Freiland-Tomatenprojekt spezialisiert, das kürzlich im Umland von Göttingen den diesjährigen Tomatentag veranstaltete. Thema waren die aktuellen Zuchtlinien des Projektes. Eine Neuheit waren etwa im Freiland erfolgreich anbaubare Buschtomaten.

Freiland-Tomatenprojekt seit 2003 bundesweit

Das ökologische Freiland-Tomatenprojekt an sich wird von Dr. Bernd Horneburg, Fachgebiet Ökologische Pflanzenzüchtung und Agrarbiodiversität der Universität Kassel, geleitet. Es evaluiert Standardtomatensorten für den Freilandanbau und vergleicht sie mit aktuellen Zuchtlinien. Das Hauptzuchtziel bleibt nach wie vor die Feldresistenz gegen die Kraut- und Braunfäule Phytophtora infestans. Das Projekt agiert seit 2003 bundesweit und hat sich seitdem ein weit fassendes Netzwerk aus mitwirkenden Betrieben aufbauen können. – man sei aber trotzdem weiterhin offen für neue Mitglieder. Insbesondere Gärtnereien, die den regionalen Bedarf an Jungpflanzen empfohlener Sorten für den Amateurbereich decken, werden gesucht. Die Beratung kann über das Projekt erfolgen. Dr. Bernd Horneburg lässt die vergangenen zwei Jahrzehnte des Projektes Revue passieren: „Wir haben mehr erreicht, als ich je gedacht hätte. Wir sind mittlerweile aus dem Selbstversorgungsbereich raus und haben mit größerfrüchtigen Tomaten ein Top-Resistenzniveau erreicht.“

Dieses Jahr hoher Druck durch Phytophtora infestans

Durch die Witterung dieses Jahr konnte sich der Pilz sehr gut entwickeln, Aussagen über die Feldresistenz einzelner Tomatensorten und -zuchtlinien konnten also gut getroffen werden. „Das Jahr 2021 ist ein starkes Befallsjahr mit Phytophtora, dies gilt nicht nur für den Freilandanbau: In manchen Betrieben gab es etwa Probleme mit Phytophtora in unbeheizten Folientunneln. Auch da kann die Resistenz eine sehr wichtige Sorteneigenschaft sein“, erläutert Horneburg. Was für den Anbau dramatisch sein kann, ist für die Züchtung hervorragend, wie er weiter erklärt: „Wir konnten dieses Jahr auf hohem Resistenzniveau auslesen.“

Sorten mit hoher Feldresistenz

„Es war lange eine Herausforderung für uns gewesen, Resistenz, Qualität und Großfrüchtigkeit zu kombinieren. Den Durchbruch hatten wir erst vor wenigen Jahren“, erinnert sich Horneburg. Zwei Sorten, die er besonders hervorhebt, sind ‘Resibella’ und ‘Rondobella’, die aus der gleichen Kreuzung stammen.

Aus der Anbauer-Perspektive sind für Max Rehberg von der LohmannsHof Gärtnerei in Westen bei Dörverden, dem Gastgeber des letztjährigen Tomatentages, diese beiden Sorten auch in der professionellen Produktion sehr gut: „Diese beiden Sorten sind etwas, was man gut im Freiland ausprobieren kann – auch als vermarktender Betrieb. Sie haben feste Früchte und sind sehr platzfest“, so Rehberg. Eine weitere Sorte, die viel Verbreitung gefunden habe bei durchweg positiven Rückmeldungen, sei ‘Primabella’. Diese sei ebenfalls sehr robust und biete hohe Qualität, ein kleines Manko sieht Rehberg in der fehlenden Frühzeitigkeit.

Viele der anderen Sorten würden sich laut Rehberg zwar sehr gut für den Hausgartenbereich eignen, wären aber für die Vermarktung nur schwer einsetzbar. Als Beispiel nennt er etwa die laut ihm hervorragend saftige ‘Primavera’, deren Früchte zu weich für Verkaufsbetriebe seien.

Die Züchtungziele Großfrüchtigkeit und Phytophtora-Resistenz sind vergleichsweise leicht zu bonitieren, geschmackliche Qualität ist da etwas anderes: Um auch darüber eine Aussage treffen zu können, wurden von den Teilnehmenden des Tomatentages die reifen Früchte sämtlicher angebauter Zuchtlinien in einer Verkostung geschmacklich bonitiert.

Blick in die Zukunft: Buschtomaten

Eine Neuheit dieses Jahr war der erfolgreiche Anbau Phytophtora-resistenter Buschtomaten im Freiland. „Wir wissen nicht, wohin sich das Klima entwickeln wird“, so Horneburg, „es gibt jedoch deutliche Hinweise, dass sommertrockene Gegenden zunehmen werden. Deswegen denke ich, dass der Anbau von Buschtomaten in extensiver Anbauform eine sehr interessante Idee ist.“ Besonders interessant wäre dieser Buschtomatenanbau, um den Bedarf von Verarbeitungstomaten mit nennenswerten Mengen auch im Inland decken zu können. Eine mögliche Anbauform wäre laut Horneburg etwa auf Kartoffeldämmen mit Strohmulch, um den Infektionsdruck durch Phytophtora zu reduzieren.

Aktuell befindet sich das ökologische Freilandtomatenprojekt im Bereich der Vorselektion von Zuchtlinien bei Buschtomaten. Dazu wird mit einer sehr breiten Menge diverser Genotypen gearbeitet, darunter auch gelbfrüchtige Tomaten. Für gelbe Tomaten generell bricht Horneburg eine Lanze: „Es hält sich nachhaltig das Gerücht, dass gelbfrüchtige Tomaten nicht schmecken würden“, erklärt Horneburg. „Das stimmt für einzelne traditionelle Sorten, ist aber überhaupt nicht genetisch verankert. Probieren Sie gerne ‘Sunviva’ oder ‘Dorada’.“

Weiterhin erläutert er, wie das Projekt in der nahen Zukunft an Buschtomaten weiterarbeiten möchte: „Wir werden sie in den nächsten Jahren weiter testen, um zu sehen, ob die Buschtomate für Betriebe mit genügend Fläche eine zusätzliche Feldfrucht werden kann“, so Horneburg.

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