Keine Differenzierung nach Art der genetischen Veränderung
Viele Diskussionen haben neue Züchtungsmethoden wie CRISPR/Cas bereits nach sich gezogen. Das geltende EU-Recht sieht sich in diesem Zusammenhang auch immer wieder mit Kritik konfrontiert. Die EU-Kommission hat eine neue Studie vorgelegt, die aufzeigt, dass solche NGT (New Genomic Techniques), bei denen es um die Veränderung des Genoms eines Organismus geht, das Potenzial bergen, im Rahmen der Ziele des europäischen Grünen Deals und der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ zu einem nachhaltigeren Lebensmittelsystem beizutragen. Bereits im Vorfeld der Veröffentlichuung bezog der DBV Stellung und forderte in einem Positionspapier die Novellierung des europäischen Gentechnikrechts. 2018 urteilte der Europäische Gerichtshofs (EuGH), dass das aus den 1990er Jahren stammende Gentechnikrecht so auszulegen sei, dass alle mittels der Genomeditierung gewonnenen Organismen in den Anwendungsbereich des Gentechnikrechts fallen. Eine Differenzierung je nach Art der genetischen Veränderung finde dabei allerdings nicht statt.
Novellierung kann helfen, Klimaziele zu erreichen
Demnach stelle die derzeitige verfahrensbezogene Rechtsprechung die Agrar- und Ernährungswirtschaft vor erhebliche Probleme. Die Hauptanwendungsbereiche der Genomeditierung seien laut DBV verbesserte Ertrags- und Wachstumseigenschaften, verbesserte Nahrungs- und Futtermittelqualitäten und verbesserte Krankheitsresistenzen. Durch verbesserte Sorten könne man zudem einen entsprechenden Beitrag zur Erreichung der Klima- und Umweltziele der EU-Kommission leisten, da auf den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel zum Teil verzichtet werden könne. „Gerade verbesserte krankheitsresistente Sorten bieten den Landwirten großes Potenzial, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ohne Ertrags- und Qualitätsverluste zu reduzieren und leisten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag für den Umweltschutz. Diese vielversprechenden Entwicklungen stehen unseren Landwirten aufgrund der bestehenden Rechtslage jedoch nicht zur Verfügung“, erklärt DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. Eine Novellierung des europäischen Gentechnikrechts sei laut DBV daher unumgänglich, um genomeditierte Organismen, deren Veränderungen nicht von natürlich auftretenden Mutationen zu unterscheiden sind und auch mithilfe konventioneller Züchtungsverfahren entstehen können, vom Geltungsbereich des Gentechnikrechts auszunehmen.
„Bauern brauchen dringend neue Züchtungstechniken“
„Wir plädieren für eine innovationsoffene und dem wissenschaftlichen Fortschritt gerecht werdende Novellierung des Gentechnikrechts. Unsere Bauern brauchen dringend neue Züchtungstechniken, um schnell widerstandsfähigere Kulturpflanzen zu erhalten. Auch damit kann den Folgen des Klimawandels und dem wachsenden Schädlingsdruck begegnet werden. Wir sollten hier stärker auf die Wissenschaft hören und weniger idiologisch argumentieren. Mit dem Einsatz dieser Techniken können unsere Bauern den Pflanzenschutzmitteleinsatz noch weiter verringern. Wenn sich eine Pflanze selbst gegen Krankheiten und Schädlinge schützen kann, braucht sie keinen chemischen Pflanzenschutz“, erklärt Krüsken. Das Positionspapier kann hier im Wortlaut heruntergeladen werden.
Umweltinstitut übt scharfe Kritik
„Die aktuelle Veröffentlichung der Kommission beschreibt wortreich mögliche Vorteile der neuen Techniken, die es in der Praxis nicht gibt und kündigt eine politische Initiative für eine Änderung des Gentechnikrechts an. Wenn das Gentechnikrecht angepasst werden muss, dann nicht, um Gentechnik auf die Teller und Äcker in Europa zu bringen, sondern um endlich den Import von gentechnisch veränderten Futtermitteln zu unterbinden“, übt Sophia Guttenberger, Referentin für Landwirtschaft und Gentechnik am Umweltinstitut München Kritik an der Studie der EU-Kommission. „Die Nutzung von Gentechnik in der Landwirtschaft ist und bleibt eine Bremse für die Agrarwende. In Deutschland lehnen 80 Prozent der Verbraucher:innen Gentechnik auf ihrem Teller und auf dem Acker ab. Doch echte Wahlfreiheit und Transparenz besteht für sie nur dann, wenn auch neue Gentechnik eindeutig als solche gekennzeichnet ist. Wir fordern, dass gemäß dem in der EU herrschenden Vorsorgeprinzip alle Gentechnikmethoden strikt reguliert bleiben. Nur wenn Europas Äcker weiterhin gentechnikfrei sind, ist eine ökologische Entwicklung der Landwirtschaft und eine Lebensmittelproduktion nach den Wünschen der Verbraucher:innen überhaupt möglich“, so Guttenberger weiter.