Fichtenbefall: Borkenkäfer riechen verbündete Pilze

Veröffentlichungsdatum: , Franziska Wienecke

Borkenkäfer an Thuja.

Pilze und Borkenkäfer leben in einer symbiotischen Gemeinschaft und kommunizieren laut neuesten Untersuchungen miteinander, um den gemeinsamen Fichtenbefall zu koordinieren. Foto: Green Solutions

Neue Untersuchungen zeigen, dass Pilze mithilfe chemischer Signale den Befall von Fichten durch Borkenkäfer koordinieren. Das sorgt für einen rasanten Schädlingsbefall der entsprechenden Waldbestände.

Neue Erkenntnisse zum Massenbefall der Borkenkäfer

In der Wissenschaft ist schon länger bekannt, dass Borkenkäfer Symbiose-Pilze benötigen, um sich erfolgreich in den Bäumen zu vermehren. Die Pilze sind Ektosymbionten, also Symbiosepartner, die außerhalb der Käfer leben. Jede neue Käfergeneration hat die Aufgabe, verbündete Pilze zu finden und diese zu einem neuen Wirtsbaum zu tragen. Eine neue Studie vom Max-Planck-Institut zeigt jetzt, dass Buchdrucker-Borkenkäfer auf Duftstoffe von symbiotischen Pilzen reagieren: Die von den Pilzen freigesetzten chemischen Signale wirken auf den Schädling wie ein Lockstoff, der ihn zum Fichtenbefall animiert. Die Stoffwechselprodukte der Pilze dienen vermutlich als wichtige Hinweise für die Käfer, über die Anwesenheit nützlicher Pilze, den Verteidigungsstatus der Bäume sowie die Populationsdichte ihrer Artgenossen.


Forschende haben schon vor einiger Zeit herausgefunden, dass die chemische Kommunikation beim Massenbefall der Borkenkäfer ausschlaggebend ist: Zuerst suchen sich die Schädlinge einen passenden Baum aus, um anschließend sogenannte Aggregations- oder Versammlungspheromone abzugeben. Diese Botenstoffe locken Artgenossen an, die sich an einem solchen Massenbefall beteiligen. Fichten, die beispielsweise aufgrund von Dürreperioden ohnehin geschwächt sind, können sich nicht gegen derlei Attacken wehren und sterben.

Duftstoffe symbiotischer Pilze locken Buchdrucker an

Das Forschungsteam vom Max-Planck-Institut hat in der aktuellen Studie untersucht, wie genau der Buchdrucker seine Pilzpartner aufspürt. Demnach setzen die Pilze beim Abbau von Fichtenharzbestandteilen flüchtige chemische Verbindungen frei, die den Borkenkäfer anlocken. „Wir hatten bereits zeigen können, dass mit den Borkenkäfern assoziierte Pilze, die auf einem Standardmedium gewachsen waren, für Borkenkäfer attraktiv waren. Nun wollten wir wissen, was passieren würde, wenn wir die Pilze auf einem natürlicheren Medium mit Fichtenrindenpulver wachsen ließen. Würde das die Käfer anlocken? Wenn ja, welche chemischen Verbindungen wären für die Attraktivität verantwortlich und woher stammten sie?“, erklärt Erstautor Dineshkumar Kandasamy die Kernfragen der Studie.

Chemische Kommunikation zwischen Schädlingen und Pilzen

Der Borkenkäfer wird von Experten gemeinhin mit dem Pilz Grosmannia penicillata in Verbindung gebracht. Daher konzentrierten sich die Forscher des Max-Planck-Instituts auf diese Gattung. Sie richteten Versuchsarenen ein, in denen sie die Anziehungskraft von Pilzduftstoffen auf den Käfer beobachteten. Dineshkumar Kandasamy beschreibt den anschließenden Verlauf: „Zunächst beobachteten wir, dass die Borkenkäfer von Duftstoffen angezogen werden, die von ihren Symbiose-Pilzen abgegeben werden, wenn die Pilze auf einem Medium mit Fichtenrindenpulver wachsen. Wir konnten allerdings auch zeigen, dass Pilze Terpenverbindungen aus Fichtenharz in sauerstoffhaltige Derivate umwandeln und dass einige dieser von Pilzen produzierten Stoffwechselprodukte für Borkenkäfer besonders attraktiv sind. Für uns war damit klar, dass diese flüchtigen Stoffe als chemische Signale dienen, die die Symbiose zwischen Borkenkäfern und den mit ihnen assoziierten Pilzen aufrechterhalten.“ Darüber hinaus attestiert die Studie dem Borkenkäfer einen sehr exakten Geruchssinn, denn: mit ihm sind sie dazu in der Lage, zwischen „guten“ und „schlechten“ Pilzen zu unterscheiden. Für den Käfer schädliche Pilze können zwar ebenfalls Fichtenharzverbindungen verstoffwechseln – der dabei entstehende Geruch ist für den Schädling aber uninteressant. Besonders verblüfft waren die Forscher über ihre Beobachtung, dass die Pilzpartner den Käfer nicht nur anlocken, sondern auch zum (für den Baum tödlichen) Tunnelbau anregen.

Borkenkäfer hat Sinneszellen zur Ortung von Pilzpartnern

Die Studie zeigte zudem, dass die Geruchssinneshaare auf den Käferantennen auf bestimmte Düfte reagieren. So geben symbiotische Pilze sauerstoffhaltige Monoterpen ab, die der Buchdrucker mit seinen spezialisierten Antennen wahrnimmt. „Vermutlich sind die symbiotischen Pilze von entscheidender Bedeutung, um den Befall zu verstärken. Die Pilze tragen dazu bei, den Wirtsbaum abzutöten, seine Abwehrkräfte zu überwinden, die Käfer mit Nährstoffen zu versorgen oder sie vor Krankheitserregern zu schützen. Mit ihrer Fähigkeit, Harzbestandteile, die eigentlich der Verteidigung der Bäume dienen, zu verstoffwechseln, liefern die Pilze den Käfern darüber hinaus wichtige Informationen darüber, welche Pilze bereits im Baum vorhanden sind, wo sie sich im Baum befinden und ob sie als Symbiose-Partner dienen können“, sagt der Direktor vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Jonathan Gershenzon. Die neuen Erkenntnisse über die chemische Kommunikation zwischen Schädlingen und Pilzen kann künftig dabei helfen, den Borkenkäferbefall einzudämmen. Eine bislang verbreitete Strategie sind Pheromonfallen, die zuletzt jedoch nichts mehr gegen den aggressiven Schädlingsbefall ausrichten konnten. Daher prüfen die Forscher nun, ob sich diese Duftfallen verbessern lassen, indem sie sauerstoffhaltige Monoterpene aus dem Pilzstoffwechsel hinzufügen.  

Waldbestände leiden unter Borkenkäferbefall

Aufgrund anhaltender Trockenheit kam es in der Vergangenheit zu massiven Ausbrüchen von Borkenkäfern. Die durch Dürreperioden bereits geschwächten Bäume haben häufig keine Chance gegen den sich rasant vermehrenden Borkenkäfer. Infolgedessen verursacht dieser verheerende Schäden in hiesigen Waldbeständen. Dabei rotten sie insbesondere Fichten aus – die in Monokulturen zum Beispiel massenhaft im Harz oder im Thüringer Wald existieren, beziehungsweise existierten. Denn wie das Statistische Bundesamt im Juli 2022 bekannt gab, mussten im Jahr zuvor mehr als 40 Millionen Kubikmeter Wald wegen extremer Insektenschäden gefällt werden.

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