Gemüse von Gräbern mit Cadmium belastet

Veröffentlichungsdatum: , Sven Weschnowsky / TASPO Online

Die Kürbisse vom Braunschweiger Grab sollten nicht verzehrt werden, da die Cadmium-Belastung die Grenzwerte um ein Vielfaches überschreitet. Foto: Andreas Morgenroth

Auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof sorgte die Bepflanzung eines Grabes mit Gemüse wie Kürbis und Aubergine für Diskussionen. Der Sprecher der ArGe Friedhofsvereine, Andreas Morgenroth aus Hamburg, ließ das Gemüse untersuchen, da er annahm, es könne belastet sein. Die Laborergebnisse liegen der Redaktion vor und geben ihm recht.

Braunschweiger Friedhofsordnung erlaubt Bepflanzung

Auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof ist ein mit Gemüsepflanzen versehenes Grab im Fokus vieler Diskussionen. Zunächst berichtete das Regionalfernsehen und lokale Medien über die Bepflanzung mit Gemüse wie Kürbis und Aubergine, was zum Teil große Kritik hervorrief. Obst und Gemüse habe auf dem Friedhof nichts zu suchen, lautete die Meinung einiger der befragten Bürgerinnen und Bürger. Auch der Hamburger Friedhofsplaner Andreas Morgenroth wurde auf das besonders bepflanzte Grab aufmerksam, doch drehten sich seine Gedanken dabei weniger um ethisch-kulturelle Bedenken, als vielmehr um gesundheitliche. Er vermutete eine Belastung vom Gemüse mit Schwermetallen, weshalb er vom Braunschweiger Grab Proben von Kürbis und Aubergine entnahm und diese labortechnisch überprüfen ließ.

Keine Pestizidbelastung im Gemüse

Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen liegen nun vor und Morgenroths Annahmen bestätigen sich damit zu Teil. „Entwarnung kann für Pestizide gegeben werden, diese waren unterhalb der Nachweisgrenze. Der Verdacht, durch eine früher häufige Wechselbepflanzung könnten Pestizide in den Boden und von dort aus in Nachfolgekulturen gelangen, hat sich im vorliegenden Fall somit nicht bestätigt“, erklärt der Hamburger gegenüber der TASPO.

Cadmium-Gehalt um ein Mehrfaches überschritten

„Bei den Schwermetallen jedoch fällt die hohe und Grenzwert überschreitende Belastung durch Cadmium auf“, so Morgenroth. Die diesbezügliche gesetzliche Grundlage sei die EU-Verordnung V2021/1323 der Kommission vom 10. August 2021 bezüglich der Höchstgehalte für Cadmium in bestimmten Lebensmitteln. Für Kürbis betrage der Grenzwert für Cadmium 0,020 mg/kg und für Aubergine 0,030 mg/kg. Aus Kostengründen wurde eine Mischprobe beauftragt. Diese ergab für beide Gemüsesorten eine durchschnittliche Cadmiumbelastung von 0,067 mg/kg. „Kürbis darf nur ein Drittel, Aubergine nur maximal die Hälfte dieses Schwermetalls enthalten“, erklärt der Friedhofsplaner. Von einem Verzehr des Gemüses sei also abzuraten, besonders gelte das für Kinder.

Herkunft der Belastung unklar, weitere Analysen erforderlich

Weitere Forschung erscheint unerlässlich, soweit Friedhofsträger den Obst- und Gemüseanbau weiter tolerieren wollen, zumal die Herkunft der Schwermetallbelastung unklar ist. Cadmium könne z.B. in Batterien von Herzschrittmachern, phosphathaltigen Mineraldüngern, Rindenmulch, Devotionalien oder/und Wurzelballen von Zierpflanzen enthalten sein; somit nicht nur in Totenasche, die als inzwischen gut erforscht gilt. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) betrage der Cadmiumgehalt hier bis zu 4,2 mg/kg. „Totenasche wird in 90 cm Tiefe beigesetzt, ein kapillarer Aufstieg von Bodenwasser in den Wurzelhorizont erscheint möglich, insbesondere nach Zersetzung der Urne. Denkbar erscheint aber auch ein Eintrag über gemischte Aushuberde. Ein kapillarer Aufstieg aus der Bestattungstiefe von Särgen (1,90 m) kann dagegen ausgeschlossen werden.“

„Die vorliegenden Ergebnisse haben insofern einen orientierenden, keinesfalls abschließenden Charakter. Wichtig wäre die Kenntnis der Grabhistorie. Weiter wären Analysen von Gemüse aus benachbarten Privatgärten des Friedhofs und von Kernobst wünschenswert, nachdem die Bäume ein Grab fest durchwurzelt haben. „Völlig unbedenklich bleibt selbstverständlich die Anlage von Blumenwiesen, Nisthilfen für Säugetiere, Vögel und Insekten sowie Biotopverbesserungen für wechselwarme Arten“, sagt Morgenroth abschließend. In einem Radiointerview im Domradio geht Morgenroth weiter auf das Thema ein.

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