Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung
Auch die Fortbestehensprognose ist keineswegs trivial, da sie nicht ohne weiteres aus der Buchhaltung zu entwickeln ist, denn sie ist im Kern eine Zahlungsfähigkeitsprognose. Sie prüft also den Finanzplan des Unternehmens und das Unternehmenskonzept daraufhin, ob das Unternehmen annahmegemäß in der Lage ist, im laufenden und folgenden Geschäftsjahr seine jeweils fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen, also ob die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit überwiegend wahrscheinlich ist. Dabei müssen Umfang und Details der Fortbestehensprognose dem Stadium und dem Ausmaß der aktuell bestehenden Unternehmenskrise angemessen sein.
Das gesetzgeberische Ziel, durch die Präzisierung oder teilweise Neufassung des Überschuldungsbegriffs frühzeitige(re) Insolvenzanträge zu ermöglichen und somit Sanierungen unter dem Schutz der Insolvenzordnung zu fördern, ist durchaus sinnvoll. Allerdings dürften wir von diesem Ziel noch immer ein Stück weit entfernt sein, denn nach wie vor wird die überwiegende Mehrheit der Insolvenzanträge erst bei faktischer Zahlungsunfähigkeit, also in einem sehr späten Stadium der Unternehmenskrise gestellt.
Neue Sicht auf die insolvenzrechtliche Überschuldung
Eine gerichtliche Sanierung im Rahmen der Insolvenzordnung (InsO) ist in diesen Fällen aufgrund des häufig bereits fortgeschrittenen Verzehrs der schuldnerischen Vermögenswerte erheblich erschwert. Trotz der neuen Sicht auf die insolvenzrechtliche Überschuldung wird der nunmehr geltende Überschuldungstatbestand nur dann eine rechtzeitige Sanierung ermöglichen, wenn auch der Schuldner dessen Funktion als Krisenfrüherkennungsinstrument begreift.
In diesem Zusammenhang sei noch einmal daran erinnert, dass der vorsichtige Kaufmann bereits bei Verlust von 50 Prozent des Stammkapitals eine Überschuldungsprüfung vornehmen sollte. In diesem Fall ist er überdies gemäß § 49 Abs. 3 GmbHG dazu verpflichtet, unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen.
Je früher mit der Sanierung begonnen wird, desto besser die Erfolgsaussichten
Hier sind auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer mehr denn je gefordert! Denn eines ist – ungeachtet der jeweils aktuell gültigen Fassung des Überschuldungsbegriffes – unstrittig: Je früher mit der Sanierung begonnen wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Daher ist es auch immer empfehlenswert, bei der sachgerechten Prüfung der Insolvenzantragsgründe und möglicher Insolvenzreife im Sinne der §§ 17–19 InsO, erfahrene Experten hinzuzuziehen, um Sanierungsinstrumente und -möglichkeiten zu prüfen sowie Haftungsrisiken und Anfechtungsansprüche für die Berater zu minimieren.
Über den Autor
Thomas Uppenbrink ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Thomas Uppenbrink & Collegen GmbH in Hagen, die seit 1990 in den Bereichen Sanierung und Restrukturierung tätig ist.