Bis zu drei Jahre Haft, wenn Gartenbesitzer invasive Arten weiter wuchern lassen?
Dem Gesetzesentwurf zufolge sollen Schweizer Bürger künftig verpflichtet werden, Bekämpfungsmaßnahmen auf ihrem Grundstück zu treffen beziehungsweise solche Maßnahmen zu dulden. Ohne den Zugriff auf die Privatgrundstücke sei die Bekämpfung invasiver Arten wenig sinnvoll und ineffizient, heißt es nach einem Bericht der NZZ (Neue Zürcher Zeitung) in den Erläuterungen zu den geplanten Änderungen.
Demzufolge könnten sich die als schädlich eingestuften Eindringlinge an Orten, wo sie nicht bekämpft werden, wieder rasch ausbreiten und Gebiete, in denen sie bereits bekämpft worden sind, erneut befallen. Um das zu verhindern, sollen künftig unter anderem Besitzer von Gärten, Schrebergärten und Balkonen dazu verpflichtet werden, unerwünschte Pflanzen auszureißen oder einzudämmen. Gartenbesitzer, die dennoch eine der als invasiv eingestuften Pflanzen auf ihrem Grundstück wachsen lassen, müssen den geplanten Gesetzesänderungen zufolge nicht nur mit Bußgeldern, sondern schlimmstenfalls mit bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen, wie verschiedene Medien berichten.
Pflanzenzüchter Lubera bezieht Stellung gegen geplante Gesetzesänderung
Auch den Handel könnte die geplante Gesetzesänderung Presseberichten zufolge treffen – Naturschutzverbände appellierten demnach an Gartencenter, invasive Pflanzen freiwillig aus dem Sortiment zu nehmen. In der Schweiz solle der Handel künftig zumindest verpflichtet werden, manche Arten nur mit Warnhinweisen und Instruktionen zu verkaufen.
Ein Schweizer Unternehmer, der sich massiv gegen die geplanten Maßnahmen gegen invasive Pflanzenarten wehrt, ist Markus Kobelt, Inhaber des Schweizer Züchtungsunternehmens Lubera. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung beruhe auf falschen Vorannahmen, heißt es in seiner zusammen mit Gartenautorin Sabine Reber verfassten und beim Schweizer Umweltbundesamt abgegebenen Stellungnahme dazu. Demnach gehe die Gesetzesvorlage davon aus, dass im Zuge der Klimaerwärmung mehr Pflanzenarten einwandern und auch erfolgreich sein werden. Diese seien zu bekämpfen, um die heimische Natur zu erhalten und um eine Verarmung der Artenvielfalt zu verhindern.
„Wir brauchen einwandernde Arten, um Diversität zu erhalten“
„Die Beschreibung des Problems ist richtig: Die Klimaveränderung findet statt, und deswegen werden ‚naturgemäß‘ sowohl Pflanzen verschwinden als auch Pflanzen einwandern. Gerade in dieser Situation brauchen wir aber einwandernde erfolgreiche Pflanzen, denen die sich rapide verändernden Rahmenbedingungen behagen: Wir brauchen sie, um die Diversität zu erhalten und zu steigern. Alle Studien zu Inselsituationen zeigen, dass durch einwandernde Arten die Artenvielfalt einer Insel nicht etwa vermindert, sondern in der Regel ungefähr verdoppelt wird“, machen Reber und Kobelt in ihrer Stellungnahme deutlich.
In den meisten Fällen würden sich erfolgreiche einwandernde Pflanzen dort festsetzen, wo es Frei- oder Leerräume gebe – wie Brachen aller Art, unwirtliche städtische Einöden, Verkehrswege oder Bahntrassen. Darüber hinaus gebe es zur Situation in der Schweiz bislang weder Untersuchungen noch Beweise, dass irgendeine Pflanze in der Schweiz durch eine neue Pflanze verdrängt worden wäre.
Gigantischer Bürokratie-Apparat und unabsehbare Kosten durch neues Gesetz?
Nicht zuletzt würden die Verbotsmöglichkeit auf Bundesebene, die Erarbeitung, Überwachung und Aktualisierung der entsprechenden zentralstaatlichen Vorschriften sowie die Umsetzung auf Kantons- und Gemeindeebene zu einem gigantischen bürokratischen Apparat und zu unabsehbaren finanziellen und auch politischen Kosten führen, geben Kobelt und Reber zu bedenken.