Jahreshauptversammlung des VUB Schleswig-Holstein

Veröffentlichungsdatum: , Helmuth G. Schwarz

Zum zweiten Teil der Jahreshauptversammlung füllte sich der Sitzungssaal bis fast auf den letzten Platz. Fotos: Helmuth G. Schwarz

Es ist die Jahreshauptversammlung, zu der sich viele der Mitglieder des Versuchs- und Beratungsring Schleswig-Holstein, kurz „VuB“, zu einem Informations- und Gedankenaustausch persönlich treffen können. Im Gartenbauzentrum in Ellerhoop, auch Sitz der VuB-Geschäftsstelle, waren in diesem Jahr nahezu 170 Personen zusammengekommen, darunter auch eine Klasse der Meisterschule, um sich zu aktuellen Themen der Baumschulpraxis zu informieren. Durch die Veranstaltung führte Dr. Heinrich Lösing, der Geschäftsführer des VuB. Vor dem fachlichen „Input“ galt es, den Vereinsregularien zu genügen.

Interne Mitgliederversammlung

Auf Basis eines kurzen Geschäftsberichtes wurden die Eckdaten des Etatablauf des Jahres 2022 und der Etatentwurf für das Jahr 2023 vorgestellt, erläutert und von den Mitgliedern einstimmig gebilligt. Nach der Wiederwahl der Kassenprüfer und der Entlastung von Geschäftsführung und Vorstand waren Mitglieder des Führungsgremiums in ihren Ämtern zu bestätigen beziehungsweise neu zu wählen. Einstimmig bestätigt wurden als Beisitzer: Christian Kordes, Bilsen und D. Pein, Appen. Neu gewählt wurde – ebenfalls einstimmig – Christian Röttger, Holm, der seinem Kollegen Michael Timm für vier Jahre als Beisitzer im VuB-Vorstand folgt. Der Vorstand ist damit wieder komplett und steht bereit, aktiv die Herausforderungen der Baumschulpraxis im Team anzugehen.

Öffentliche Vortragsveranstaltung

Als deutliches Zeichen eines anhaltenden Interesses an der Arbeit und den Angeboten des VuB füllte sich der Sitzungssaal zum zweiten Teil der Jahreshauptversammlung bis nahezu auf den letzten Platz. Ralf Mehlen ist seit nunmehr sieben Monaten Vorsitzender des VuB. In dieser Funktion begrüßte er die anwesenden Kolleginnen, Kollegen und Gäste und dankte für die Bereitschaft, sich für die Mitgliederversammlung Zeit zunehmen, um die VuB-Arbeit aktiv zu verfolgen. Ein besonderer Dank galt den Unternehmen, die in jedem Jahr wieder Flächen und Kulturen zur Verfügung stellen, ohne die das umfangreiche Versuchsprogramm des VuB nicht umsetzbar wäre.

Als Vorsitzender ist, so Mehlen, zusammen mit den Mitgliedern des Vorstandes und unterstützt durch die hauptamtlich beim VuB tätigen Personen, ein breites Aufgabenfeld zu bearbeiten und eine Vielzahl von Terminen wahrzunehmen. Der Blick in die Zukunft macht deutlich, welche Themen im Mittelpunkt stehen werden, um praxisorientierte Lösungen für die Baumschulwirtschaft und die Mitgliedsbetriebe zu finden. So gilt es unter anderem die Aktivitäten auf der EU-Ebene im Auge zu behalten und die dortige Gesetzgebung sowie deren Umsetzung auf nationaler Ebene zeitnah zu verfolgen und zu analysieren, Vorhaben zur Reduzierung von Dünge- und Pflanzenschutzmaßnahmen durch Versuche zu begleiten und einzuordnen und den Diskussionen zum Thema „Substrat“ durch Versuche eine Argumentationsbasis zu geben, die dazu führt, dass anstehende Regelungen der Praxis gerecht und angepasst werden.

Sieht man die aktuelle Entwicklung in diesen Bereichen, so der VuB-Vorsitzende, drängt sich der Verdacht auf, dass in den zuständigen EU-Gremien und den dortigen und hiesigen untergeordneten Behörden die dringend notwendige Praxisnähe fehlt. Für den VuB gilt es – auch im Hinblick auf die Bewältigung des Klimawandels – in allen Richtungen im Gespräch zu bleiben und zur Lösung vorhandener Probleme mit guten Argumenten vor Ort präsent zu sein. Dafür wäre zukünftig ein verstärktes und intensiveres Miteinander gleichgesinnter Kräfte wünschenswert.

Neben der fachlichen Arbeit muss sichergestellt werden, dass der VuB auch weiterhin seine Arbeit für die Mitglieder in gewohnter Form erledigen kann.  Zum einen ist der benötigte Finanzrahmen mittelfristig zu sichern und zum anderen sind die Personalangelegenheiten so zu regeln, dass vorhandene Erfahrungen und Netzwerke nicht verloren gehen – kurz, dass die personelle Fachkompetenz für die kommenden Jahre in vollem Umfang erhalten bleibt.

Ralf Mehlen sieht den VuB auch in Zukunft als einen Partner, auf den sich die Mitgliedsbetriebe im Hinblick auch auf die fachliche und praxisorientierte Beratung verlassen können, denn: „Probleme haben sich noch immer lösen lassen!“

50 Jahre Pflanzenschutz: Was bringt die Zukunft? – Prof. Dr. Klaus Schlüter

Rückblick und Ausblick zugleich: Prof. Dr. Klaus Schlüter, ehemals Professor für Phytomedizin und Botanik an der Fachhochschule in Kiel, ließ wichtige Eckdaten der Entwicklungen der letzten 50 Jahre zum Thema „Pflanzenschutz“ vor den Augen der Anwesenden Revue passieren. 1945 bis 1970 war in der Landwirtschaft die Ernährungssicherung das oberste Ziel. Modernisierung und Mechanisierung in der Kulturführung und der Einsatz von Wuchsstoff-Herbiziden halfen, die „Handarbeit“ zu reduzieren und die Erträge bis zu 30 Prozent zu erhöhen. Mussten Pflanzenschutzmittel zunächst lediglich amtlich registriert werden, wurde mit dem Pflanzenschutzgesetz im Jahr 1968 deren Zulassung erst nach einer umfassenden amtlichen Prüfung möglich. Noch gab es eine Vielzahl von Unternehmen, die als Entwickler und Hersteller dieser Mittel am Markt zu finden waren. Ziel der Neuregelung war zudem ein vorbeugender Verbraucherschutz, der Eckdaten im Hinblick auf die Toxikologie, die Höchstmengen und die Gefahrenschwellen setzte.

Die Jahre zwischen 1970 und 1980 benennt Dr. Schlüter als „Zeit des Optimismus“, in denen sowohl die Düngung als auch der Pflanzenschutz – teilweise über das notwendige Maß hinaus – intensiviert wurden. Verschiedene Anbausysteme wurden entwickelt, Kulturabläufe neugestaltet. Der zu dieser Zeit oft unkritische Einsatz von Pflanzenschutzmitteln führte in seiner Konsequenz auf breiter Front zu unterschiedlichen Resistenzen und damit zu neuen Herausforderungen an die Gesunderhaltung der Pflanzenbestände.

In den Jahren 1980 bis 1990 wurde die Ausrichtung der Pflanzenschutzmaßnahmen dem zunehmenden Umweltbewusstsein angepasst, die Ziele des Einsatzes von Wirkstoffen überprüft und verändert, nachdem deutlich wurde, dass sich Rückstände im Grund- und im Trinkwasser wiederfinden ließen. Der Pflanzenschutz gerät in die öffentliche Kritik. Mit der Novelle des Pflanzenschutzgesetzes im Jahr 1986 wird erstmals das Bundesumweltamt in das Zulassungsverfahren mit eingebunden und erhält ein Veto-Recht. Die zu erbringende „Sachkunde im Pflanzenschutz“ und die Gerätekontrolle, die nach wenigen Jahren verpflichtend wird, werden eingeführt. Parallel dazu wird die Trinkwasserverordnung um Aspekte zum Pflanzenschutz ergänzt und bezogen auf die eingesetzten Wirkstoffe Grenzwerte eingeführt. Diese orientieren sich an den Möglichkeiten der vorhandenen Analysetechnik.

Ab 1990 beginnt die Phase der „Ökonomisierung“, das heißt die Aufwandsmengen werden – dem Bedarf entsprechend – sowohl bei der Düngung als auch beim Pflanzenschutz – reduziert. Die EU übernimmt die Federführung bei der Gesetzgebung und sorgt 1991 für eine Harmonisierung des Regelwerkes innerhalb Europas. Die Einführung der Indikationszulassung sorgt für eine zusätzliche Einschränkung der Einsatzmöglichkeiten vorhandener Mittel.

Im Jahr 2009 wird seitens der EU die Pflanzenschutzverordnung VO 1107/2009 erlassen, die für den gesamten EU-Raum Gültigkeit erhält. 2012 erfolgt die Umsetzung in Form einer Neuordnung des Pflanzenschutzgesetzes in deutsches Recht. Die Prüfung, Zulassung beziehungsweise Bestätigung – nunmehr von Wirkstoffen – erfolgt jetzt in einem gemeinsamen EU-Verfahren unter Berücksichtigung des „Null-Risiko-Prinzips“ unter anderem auch nach den Vorgaben des Chemikalienrechts. Die Folge ist, dass kaum mehr Neuentwicklungen beziehungsweise vorhandene Wirkstoffe zur Neubewertung angemeldet werden. In der EU werden sogenannte „Pestizide“ auf breiter Front als unerwünschte Stoffe eingeordnet. Aktuelles Ziel der EU ist es, den Einsatz von Wirkstoffen im Pflanzenschutzbereich ab 2023 auf Basis der Aufwandmengen der Jahre 1977 bis 2021 um 50 Prozent zu reduzieren. Dies gilt gleichermaßen für Herbizide, Insektizide und Fungizide.

Aus Sicht Schlüters wird der vorhandene Sachverstand bei den Verordnungs- und Gesetzgebungsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt. Vielmehr richtet man sich hier nach dem „Mainstream“, was bei entsprechender Umsetzung dazu führen könnte, dass beispielhaft die Ertragsmengen der hiesigen Weizenproduktion um 19 Prozent, der Kartoffelernten sogar bis zu 42 Prozent zurückgehen würden. Der vielfach auf Emotionen basierenden Beurteilung der Landwirtschaft ist eine sach- und fachgerechte Öffentlichkeitsarbeit entgegenzusetzen, die verdeutlicht, dass der Einsatz von Mitteln zum Erhalt der Pflanzengesundheit notwendig und – dank eines umfangreichen Regelwerkes – im Hinblick auf die menschliche Gesundheit als unbedenklich einzustufen ist.

Die Suche nach Alternativen, die helfen, den aktuellen Wirkstoffeinsatz weiter zu reduzieren, geht weiter. Lösungsansätze sind vorhanden, die Hürden bleiben nach wie vor hoch. Ein Umdenken ist notwendig, auch in der Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit. Es muss deutlich werden, was die Praxis leisten kann und warum auf einige Kulturmaßnahmen nicht verzichtet werden kann. In diesem Zusammenhang ist auch die Wortwahl zu überprüfen. So geht es beim Pflanzenschutz – oder auch beim Krankheits- und Schädlingsmanagement – des Unternehmens nicht um die „Schädlingsbekämpfung“ – sondern vielmehr um die „Erhaltung der Pflanzengesundheit“. Hierzu werden keine „Pestizide“, sondern „Pflanzen-Medizin“ eingesetzt. Dennoch: in Zukunft wird die Feldspritze weiterhin benötigt, auch wenn die Kulturen in Richtung „Bio“ und „Öko“ umgestellt werden.

Um zu zeigen, dass man seitens der Baumschulen bereits erste Schritte zur Reduzierung von chemischen Komponenten in der Gehölzkultur gemacht hat, wurden drei Baumschulunternehmer geladen, um über „ihren Weg“ hin zur „Ökoproduktion“ in Kurzvorträgen zu berichten. Ohne damit die Orientierung an der Realität zu verlieren, sollen hiermit Denkanstöße gegeben werden.

Ökoproduktion von Baumschulgehölzen – Niels Bertels, Drensteinfurt

Die Baumschule Bertels kultiviert ein breites Gehölz- und Staudensolitär-Sortiment und ist im vollen Umfang Bio-zertifiziert. Ein Ziel der Kulturführung ist es, das „Beikraut-Aufkommen“ mit mechanischen Mitteln auf null zu reduzieren. Zudem versucht man, zur Pflanzenernährung nur auf organische Dünger zurückzugreifen und den Bewässerungsaufwand zu minimieren. Großer Wert wird auf eine optimale Bodenvorbereitung gelegt, die ausschließlich durch Tiefenlockerung beziehungsweise den Einsatz einer Spatenmaschine bei gleichzeitiger Einarbeitung von Stallmist erfolgt. Das Auflaufen von Wildkräutern wird durch ein kontinuierliches An- und Abhäufeln, das im Abstand von zwei bis drei Wochen erfolgt, verhindert.

Um wirtschaftlich arbeiten zu können, wurden sämtliche Aufpflanzungen und die gesamte Kulturführung dem vorhandenen Maschinen- und Gerätepark angepasst, der für die Beetkultur bis hin zur Alleebaumkultur geeignet ist. So kann sichergestellt werden, dass für eine Kulturmaßnahme in unterschiedlichen Beständen nicht mehrere, unterschiedliche Geräte benötigt werden. Um dies zu erreichen waren betriebsindividuelle Anpassungen der technischen Ausstattung beziehungsweise eigene Entwicklungen notwendig. Seine Ausführungen konnte Niels Bertels durch mehrere Fotos und einige Videosequenzen anschaulich untermauern.

Ökoproduktion von Veredelungsunterlagen – Steffen Lodder, Dülmen

Als Produzent von Veredelungsunterlagen arbeitet das Unternehmen Lodder sowohl mit einer konventionellen als auch mit einer ökologischen Ausrichtung. Aufgrund des Produktschwerpunktes Rosaceae ergeben sich hier im Hinblick auf das Phänomen „Bodenmüdigkeit“ zusätzliche Herausforderungen.  Dennoch muss sichergestellt werden, dass Pflanzen (Unterlage und Reis), die später für die „Bio-Obsterzeugung“ vorgesehen sind, in Zukunft entsprechend zertifiziert sein müssen. Bio-Ware wird nachgefragt, demnach müssen die noch offenen Fragen praxisorientiert von der Beratung und den betroffenen Betrieben beantwortet werden. Möglichkeiten/Ansätze zur Überwindung vorhandener Hürden sieht Steffen in Maßnahmen zur kontinuierlichen Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Ökologie des Bodens und in einer damit verbundenen Verbesserung des Zwischenfrucht-Managements.

Die Kultur der „Bio-Ware“ erfolgt in einem eigens hierfür gegründeten Unternehmen, das vom Zertifizierer OCI in Köln regelmäßig kontrolliert wird. Aktuell werden die hier erzeugten Veredelungsunterlagen als „Bio-Unterlage in Umstellung“ zertifiziert. Um die weiterhin offenen Fragen beantworten zu können, wird sein Unternehmen, so Steffen Lodder, noch für eine längere Zeit sowohl ein Forschungs- als auch ein Versuchsbetrieb sein müssen.

Aktuell ist ein Totalverzicht auf bisherige Kulturmaßnahmen im Hinblick auf die Quarantäneschädiger noch nicht möglich, zudem ist für die Öko-/Bio-Produktion im Bereich der Pflanzengesundheit lediglich die Anwendung von Mitteln zugelassen, die den FiBL-Prüfkriterien entsprechen. Die Nutzung Pflanzenstärkungsmittel nach „Rezept“ ist kurzfristig nur bedingt möglich, da diese in ihrer Anwendung gut an die Anforderungen der jeweiligen Kultur und des Standortes angepasst werden müssen. Weiterhin gilt es, Wege zu finden, um die zeitlichen Aufwendungen zur mechanischen Minimierung der Wildkrautbestände in den Quartieren deutlich zu reduzieren.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Bio-Produkte langsamer und gedrungener wachsen und somit bei gleicher Qualität bezogen auf konventionelle Kulturen höhere Kosten verursachen. Hinsichtlich der Ertragserwartung wird von einer Minderung von – je nach Kultur – 15 bis 35 Prozent ausgegangen, der Pflanzenverlust dürfte sich dabei um etwa zehn Prozent erhöhen. Das aktuell zehn bis 15 Prozent höhere Preisniveau für die Bio-Pflanzen wird daher mittelfristig nicht genügen, um die Flächenerträge auf dem aktuellen Niveau zu halten. Die Öko-Produktion ist eine Herausforderung und eine Chance zugleich. „Es gibt noch viel zu tun!“, so Steffen Lodder.

Ökoproduktion von Forstpflanzen – Peter Antoni, Darmstadt

Der Darmstädter Baumschuler Peter Antoni produziert auf insgesamt 15 Hektar im Schwerpunkt Forstpflanzen in einem umfangreichen Laub- und Nadelgehölz Sortiment. Der Baumschulbetrieb kann im Hinblick auf eine ökologische Ausrichtung der Kulturführung auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Gehölze werden ausschließlich auf Beeten angezogen, die bei Bedarf beregnet werden können. Die Anzuchtflächen erhalten vor der Aussaat beziehungsweise der Pflanzung eine Gründüngung und werden nach deren Einarbeitung mit Folie bedeckt, um zunächst den Wuchs der Beikräuter zu fördern. Diese werden dann noch vor dem Auflaufen der eingebrachten Saat abgeflammt und damit weitestgehend eliminiert. Wo möglich, wird durch Striegel der Boden mechanisch bearbeitet, um die Flächen von Wildkräutern freizuhalten. Lediglich bei einem ungünstigen Witterungsverlauf kann es notwendig werden, diese manuell zu entfernen.

Mit der kontinuierlichen Nutzung der Gründüngung ist es über die Jahre gelungen, eine gute Humusschicht aufzubauen, die die Wasserverfügbarkeit für die Pflanzen verbessert und damit die Entwicklung der Kulturen positiv beeinflusst. Ein gezielter, auf langjährigen Erfahrungen basierender Wechsel in der Belegung der Flächen zwischen Laub- und Nadelgehölzen trägt ebenfalls dazu bei, die Qualität der Pflanzen zu fördern.

Auswirkungen von Gründüngungspflanzen auf die Entwicklung freilebender Nematoden – Dr. Heinrich Lösing, BTB

Der Einsatz der Gründüngung von Baumschulquartieren ist heute vielfach ein wichtiger Bestandteil im Kulturablauf der Gehölzanzuchten. Um Nachbauprobleme und das Auftreten von freilebenden Nematoden der Gattung Pratylenchus zu reduzieren, wird mit Erfolg Tagetes als „Zwischenfrucht“ angebaut. Auch andere Gründüngungspflanzen wurden in mehreren Praxisversuchen getestet. Die positive Wirkung von Tagetes im Hinblick auf eine Reduzierung des Nematoden-Aufkommens konnte jedoch mit anderen Pflanzengattungen nicht erreicht werden. Als eine weitere Erkenntnis aus den Versuchen kann festgehalten werden, dass bezogen auf den gesamten Nematoden-Besatz im Boden die Reduzierung einer Nematoden-Gattung dazu führt, dass andere Gattungen vermehrt auftreten und so den „freiwerdenden Raum“ auffüllen.

Deutlich wurde auch, dass Leguminosen als Gründüngung nicht geeignet sind, wenn neben der Verbesserung der Bodenstruktur zugleich eine Verringerung des Nematoden-Besatzes gewünscht ist. Die Versuche zeigten, dass der Leguminosen-Einsatz vielmehr zu einer deutlichen Vermehrung der Schadorganismen führt. Probleme ergaben sich zudem beim Einsatz von Mischungen, wenn der Blühzeitpunkt der enthaltenen Gründungpflanzen stark voneinander abweicht. Dann gilt es, den Aussaatzeitpunkt richtig zu wählen, um durch einen gezielten Kulturablauf ein Aussamen der Pflanzen verhindern zu können. Dr. Lösing empfiehlt den Einsatz von spät blühenden Sorten, die direkt nach der Blüte eingearbeitet werden sollten. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Gründüngungspflanzen die nachfolgenden Gehölzkulturen auf dem Quartier über mehrere Jahre begleiten. Dies gilt insbesondere für den Ölrettich.

Auswaschungsverhalten von organischen Düngern im Container – Louise Heissel, VuB

Da aufgrund der öffentlichen Diskussion zum Thema „Mikroplastik“ das aktuell genutzte Umhüllungsmaterial bei Depotdüngern ab 2026 nicht mehr genutzt werden kann, wurden seitens des VuB mögliche Alternativen für die Gehölzproduktion in Containern getestet. Louise Heissel erläuterte den Aufbau und die Durchführung eines Versuches, bei dem das Auswaschungsverhalten von Depotdüngern,  Flüssigdüngern und organischen Düngern ermittelt und verglichen wurde. Als „Testgehölz“ für die Stickstoff-bezogene Versuchseinstellung wurde Ligustrum vulgare gewählt. Ziel ist es, den Verbleib des bei organischer Düngung – gegenüber dem Depotdünger – vermehrt einzusetzenden Stickstoffes (bis zu 200 Prozent) zu ermitteln und zu dokumentieren.  

Nach Analyse des Ausgangssubstrates und des Gießwassers wurden in den zwölf Versuchsparzellen wöchentlich Proben des durch die Container gelaufenen Wassers entnommen und auf die enthaltenen Nährstoffe analysiert. Es erfolgte keine Nachdüngung. Erwartungsgemäß ergaben sich große Unterschiede zwischen der Depotdünger-Variante und den mit organischen Düngern tierischen Ursprungs versorgten Substraten. Hier wurde eine deutlich größere Nährstoffmenge im „Abwasser“ nachgewiesen. Die dadurch für die Gehölze bedingte, geringere Verfügbarkeit konnte zum Ende des Versuchs anhand der Pflanzenqualität nachvollziehbar untermauert werden. Auch im Hinblick auf das Wuchsverhalten, die Ausfärbung des Laubes und die Bewurzelung zeigten die Gehölze der Depotdünger-Variante unübersehbare Vorteile. Die Versuche sollen fortgesetzt werden, um weitere Optionen zum Nährstoffeinsatz testen und vergleichen zu können.

Ordnet man die Versuchsergebnisse hinsichtlich ihrer Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsrelevanz ein, so ist zu hoffen, dass seitens der Industrie zukünftig gleichwertige Depotdünger zur Verfügung gestellt werden können, bei denen auf eine umweltschädigende Plastikummantelung verzichtet werden kann. Erste Weiterentwicklungen sind bereits auf dem Markt.

Erfahrungen mit Raubmilben in Jungpflanzenbetrieben im Rahmen des ELER-Projektes

Eine gangbare Alternative zum Einsatz von Chemie ist der Einsatz von Nützlingen. Im Rahmen eines ELER-Projektes, das seit 2016 vom Land Schleswig-Holstein und der EU gefördert wird, wurde die Leistung von Raubmilben zur Eindämmung eines Spinnmilbenbefalls bei in geschlossenen Räumen kultivierten Jungpflanzen geprüft. Die Rahmenbedingungen hierfür sind ideal, da sich aufgrund des engen Standes der Pflanzen die Bestände schnell schließen. Die damit verbundene hohe Luftfeuchtigkeit begünstigt die Ausbreitung der Raubmilbenpopulation. Vorbeugend eingesetzt, lässt sich so die Ausbreitung von Tripsen und Spinnmilben in den Pflanzenbeständen nachhaltig verhindern. Die Ausbringung der Raubmilben in den Kulturräumen kann sowohl durch „Streuung“ als auch durch „Beutel“ erfolgen, die im Bestand zu platzieren sind. Im Weiteren baut sich dann die Raubmilbenpopulation langsam auf und verstärkt damit den Druck auf die unerwünschten Schadorganismen. Im Verlauf der Versuche konnte – aufgrund des Verzichts auf den Einsatz von Insektiziden mit einem ungünstigen Nützlingsprofil – beobachtet werden, dass sich „Gratis-Nützlinge“ einstellten, die halfen, den Schädlingsbestand zu minimieren.

Die gegenüber der Chemie-Variante deutlich höheren Kosten für den untersuchten Nützlingseinsatz sind – je nach Pflanzenbestand und Kulturumfeld – mit 0,30 bis 0,50 Euro pro Quadratmeter anzusetzen. Die bisher an den Untersuchungen beteiligten Jungpflanzenunternehmen haben signalisiert, dass sie in ihren hierfür geeigneten Kulturen den Einsatz von Nützlingen beibehalten und weiter ausbauen werden. Das ELER-Projekt wird mit einem Modul 2 fortgesetzt. Für interessierte Baumschulbetriebe in Schleswig-Holstein bietet dies die Möglichkeit, daran teilzunehmen.

Die Inhalte der diesjährigen Mitgliederversammlung des Versuchs- und Beratungsringes Schleswig-Holstein spiegelten einen Teil des Entwicklungspotenzials, das für die Baumschulbetriebe noch zur Verfügung steht, um die Herausforderungen zu meistern, die auf die Branche zukommen werden.

Der zum Ende der Zusammenkunft ausgesprochene Dank des Vorsitzenden Ralf Mehlen und seiner Stellvertreterin Theresa Hoyer ging:
• an die Mitgliedsbetriebe – für ihre aktive Unterstützung des VuB,
• an die Kolleginnen und Kollegen des Vorstandes – für die Impulse zur Ausrichtung der VuB-Arbeit und
• an den hauptamtlich für den VuB tätigen Personenkreis – für das stetige Engagement und das verlässliche Erreichen der gesteckten Ziele.

 

Cookie-Popup anzeigen