Normen und Regeln für Neupflanzungen in der Praxis oft ignoriert
„Bei einer Neupflanzung sollte die Pflanzgrube mindestens zwölf Kubikmeter pro Baum fassen. Das steht so eigentlich auch in den Normen und Regelwerken, wird in der Praxis aber leider fast immer ignoriert“, so die Erfahrung von Torsten Drübert, 2. Vorstandsvorsitzender des Fachverbands geprüfter Baumpfleger (FgB). Ebenso wichtig ist laut Drübert ein regelmäßiger fachgerechter Schnitt. „Der Schnitt in den ersten 15 Jahren entscheidet mit darüber, ob auch ein Stadtbaum 100 Jahre alt werden kann, oder ob er bereits nach 20 Jahren vergreist und nicht mehr bruchsicher ist und deshalb gefällt werden muss.“
Einen gestressten oder vorgeschädigten Stadtbaum können darüber hinaus auch vergleichsweise harmlose Pilzerkrankungen zum Absterben bringen. Dies ist beispielsweise seit einigen Jahren bei Platanen zu beobachten, die lange als ideale Stadtbäume galten und entsprechend weit verbreitet sind. Zeigen Platanen etwa bereits kurz nach dem gerade erst erfolgten Austrieb Welke-Symptome, steckt häufig die durch den Schadpilz Apiognomonia veneta verursachte Apiognomonia-Blattbräune – auch bekannt als Platanenblattbräune – dahinter.
Apiognomonia-Blattbräune und Massaria setzen immer mehr Platanen zu
Dieser Schaderreger tritt Drübert zufolge vor allem auf, wenn das Frühjahr feucht und kalt war. Sind die frisch austreibenden Blätter infiziert, zeigen sich auf ihnen in der Folge zunächst zackenartige braune Stellen, dann verwelkt nach und nach das ganze Blatt und löst sich vom Ast. Auch die jüngsten, noch dünnen Triebe können absterben und hängen dann kahl und dürr im Baum. „Die gute Nachricht ist, dass ein vitaler Baum die Apiognomonia-Blattbräune recht gut wegsteckt: Er treibt Mitte Juni einfach ein zweites Mal aus und bleibt dann in der Regel auch gesund“, erläutert der Forstwissenschaftler und geprüfte Baumpfleger.
Allerdings gilt das nur für vitale Bäume, und von einem solchen Zustand sind viele Stadtbäume weit entfernt. Insbesondere nach den vergangenen niederschlagsarmen Hitzesommern, werden immer mehr Platanen auch durch die Massaria-Krankheit in Mitleidenschaft gezogen. Der dafür verantwortliche Pilz Splanchnonema platani führt normalerweise lediglich zum Absterben dünnerer Zweige. Bei unzureichender Wasserversorgung kann der Schwächeparasit jedoch auch größere Äste befallen und bruchanfällig machen. Die für einen Massaria-Befall typischen Symptome – aufgeplatzte und abgestorbene Rindenbereiche und die typischen, erst rötlichen, dann rußartig-schwarzen Verfärbungen – sind überwiegend auf der Oberseite der Äste zu finden.
Platanenkrebs kann ganze Alleen zum Absterben bringen
Anfällig sind gestresste und vorgeschädigte Platanen auch gegen den häufigen Schadpilz Ceratocystis platani, der den sogenannten Platanenkrebs verursacht. Dessen Symptome ähneln auf den ersten Blick denen der Apiognomonia-Blattbräune. „Wer die nur schwach belaubte Baumkrone genauer betrachtet, bemerkt meist auffällig kleine gelbe Blätter. Manchmal sind auch Teile der Rinde braunviolett verfärbt und eingesunken, oder es sind Wucherungen zu sehen“, erklärt Drübert. Da der Pilz einen Teil der Leitungsbahnen des befallenen Baums verstopft, versucht dieser sich zu wehren, indem er die betroffenen Stellen abschnürt. „Auf diese Weise dreht er sich vollends den Saft ab“, so Drübert.
Besonders problematisch: Der Pilz dringt nicht nur über Wunden in die Bäume ein, er kann auch auf Nachbarbäume übergehen, wenn sich die Wurzeln in der Erde berühren. Auf diese Weise kann er ganze Alleen zum Absterben bringen. „Eine ähnliche Situation hatten wir in Deutschland bereits mit dem Ulmensterben durch einen in den 1960ern aus Nordamerika eingeschleppten Pilz. Damals gingen deutschlandweit ganze Ulmen-Alleen zugrunde – und durch was wurden sie ersetzt? Durch Platanen-Alleen!“, so der Experte. „Zum Glück setzt sich nun allmählich die Erkenntnis durch, dass wir eine Risikostreuung brauchen, also einen Mix unterschiedlicher Baumarten. Und zwar nicht nur in den Alleen, sondern generell.“