Kunstrasenplätze: viel Potenzial für mehr Nachhaltigkeit

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Wie nachhaltig sind Kunstrasenplätze? Das hat das Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) untersucht und dafür verschiedene Kunstrasenplätze unter die Lupe genommen. Die jetzt veröffentlichte Systemanalyse gibt zudem Tipps, wie Sportplätze umweltfreundlicher gestaltet werden können.

Insgesamt 19 Kunstrasenplätze in Deutschland und der Schweiz untersucht

Während Hart-, Asche- und Naturrasenplätze witterungsbedingt nicht immer bespielbar sind, lässt sich auf Kunstrasen Sport ganzjährig im Freien betreiben – entsprechend beliebt und verbreitet sei dieser Belag bei Vereinen und Spielern. Allerdings sind gängige Kunstrasenplätze mit negativen Umweltwirkungen verbunden. Das zeigt die von verschiedenen Kommunen und Unternehmen beauftragte Systemanalyse des Instituts, für die ein Team von Wissenschaftlern von März 2020 bis August 2021 insgesamt 19 Kunstrasenplätze in Deutschland und der Schweiz untersucht hat. „Die Emissionen dieser Plätze sind im Kontext der Debatte um Mikroplastik in den Fokus von Gesellschaft, Politik und Medien geraten“, so Jürgen Bertling vom Fraunhofer UMSICHT, Leiter der Studie zur Systemanalyse.

In die Umwelt emittiert wird etwa das sogenannte Infill, das auf Kunstrasenplätzen aufgebracht wird, um die Spielperformance positiv zu beeinflussen. Bei der Mehrzahl der für die Systemanalyse betrachteten Plätze setzte sich das Infill laut Fraunhofer UMSICHT aus Sand und einem Gummigranulat zusammen und gelangt Beobachtungen zufolge insbesondere bei starkem Regen oder Wind in die Umgebung oder auch in Gewässer. Daneben würden auch Reinigungsmaßnahmen wie zum Beispiel Schneeschieben den Materialaustrag beeinflussen, außerdem bleibe das Material auch an Schuhen und Kleidung der Spieler haften. Unverfüllte Plätze und solche, auf denen sich der Naturstoff Kork befindet, bilden dagegen aktuell die Ausnahme.

Jährlich Verlust von knapp drei Tonnen Infill pro Platz

Im Schnitt lasse sich der experimentell bestimmte Materialverlust auf 2,98 Tonnen Infill pro Platz und Jahr beziffern. „Kunststofffasern, die während der Beanspruchung eines Platzes ebenfalls abnutzen, sind hier noch nicht berücksichtigt“, wie Studienleiter Bertling erklärt – hier seien detailliertere Untersuchungen notwendig, um zu klären, ob die Verluste tatsächlich relevante Mengen erreichen. Auch sei trotz Studie noch unklar, in welcher Menge und auf welchen Wegen die Verluste von Infill und Fasern in Böden und Gewässer gelangen.

Ebenfalls für die Systemanalyse betrachtet wurden die CO2-Fußabdrücke von Kunstrasenplätzen, die laut Fraunhofer UMSICHT je nach Platztyp bei 9,4 bis 29,8 Kilogramm Kohlendioxidäquivalent (Maßeinheit, die den Effekt aller Treibhausgase auf das Klima vergleichbar macht) pro Nutzungsstunde liegen. Umgelegt auf die Spieler sei dies vergleichsweise deutlich weniger, als etwa eine Stunde Auto zu fahren oder in einem Hallen-/Freibad zu schwimmen.

Umweltwirkungen abhängig von vielen Faktoren

Laut Fraunhofer UMSICHT zeige die Systemanalyse, dass die Umweltwirkungen eines Kunstrasenplatzes in hohem Maße von der Materialauswahl, der baulichen Integration und dem Recycling am Ende ihres Lebenszyklus abhängen. Entsprechend sehen die Experten nach eigener Aussage großes Potenzial für einen verbesserten Umweltschutz – beispielsweise bei der Verwendung eines nachhaltigeren Materials bei Unterbau und Infill, der Nutzung des Niederschlagswassers zur Bewässerung oder der Filterung von Feinstoffen. Die Mikroplastik-Emissionen in die Umwelt zusätzlich reduzieren würden demnach Barrieren, die den Platz umlaufen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist laut Fraunhofer UMSICHT auch das Thema Standort, denn es mache einen großen Unterschied, ob sich ein Kunstrasenplatz im urbanen Umfeld oder etwa in einem Tal, umgeben von Natur, befindet. „Hier sollte künftig mehr auf eine geschickte Standortwahl hinsichtlich Naturschutz, aber auch hinsichtlich der Frequentierung durch die Spieler:innen und somit den Bedarf eines Platzes geachtet werden“, so Bertling. Nicht zuletzt müsse auch die regulatorische Seite als Lenkungsinstrument betrachtet werden, indem beispielsweise Normen überarbeitet oder neue Standards geschaffen werden.

► Die komplette Systemanalyse kann auf der Fraunhofer-Website downgeloadet werden, Suchwort: Kunstrasenplätze.

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