Mittelstand in der Energiepreisfalle
Friedrich Streng, Vorstand der Johannes Schuetze Vertriebs AG Süd, sieht den Mittelstand in der Energiepreisfalle. Die Energiepreise sind seit Herbst 2021 deutlich gestiegen. Der Krieg in der Ukraine hat diese Entwicklung dramatisch vorangetrieben. Strom- und Gaspreise haben sich mehr als verdoppelt. Der reine Energiepreis hat sich verfünffacht, erinnert er. Aufgrund von Insolvenzen in der Energiebranche sind laut Streng nicht nur die Betriebe betroffen, deren Energie-Verträge ausgelaufen sind oder im Jahr 2022 auslaufen. Wer jetzt neue Energieverträge abschließen muss, oder in die Grundversorgung fällt, sehe sich vor untragbaren Kosten.
Hatte ein durchschnittlicher Gärtnereibetrieb im Jahr 2020 noch rund 80.000 Euro Energiekosten pro Jahr, sehe er sich heute bei rund 160.000 Euro. Diese Kosten können Gärtnereien dauerhaft nicht tragen, noch können sie die Kosten auf die Kunden umlegen, meint Streng. So sei es kein Wunder, dass der Ruf nach staatlichen Hilfen immer lauter wird. Aber diese allein werden das Problem nicht lösen. Sollte das Wirtschaftsembargo auf die Energielieferungen aus Russland ausgedehnt werden, wird die Versorgung sehr schwierig. Schon jetzt würden viele Versorger keine neuen Kunden mehr aufnehmen, weil sie Gas und Strom nicht mehr liefern können.
Energieversorgung lang- oder kurzfristig sichern?
Was aber könne man tun? Es gibt zwei Strategien, die die Schuetze AG aktuell sieht:
• Wer davon ausgeht, dass die Krise langfristigen Charakter hat und die Preise auf Dauer hoch bleiben, wird Vorsicht und Planbarkeit in den Vordergrund seiner Entscheidung stellen und trotz aktuell hohen Preises langfristige Lieferverträge suchen.
• Wer davon ausgeht, dass die Energiepreise kurz oder mittelfristig wieder fallen, wird die Energieversorgung kurzfristig sichern und für 2023 neu Lieferverträge anstreben.
Bei der Vorsichtstrategie ist laut Streng aktuell mit Stromkosten von 20 Cent je kWh und bei Gas mit acht Cent je kWh zu rechnen (Preise ändern sich derzeit täglich). Bei Variante zwei rechnet er für 2022 mit bis zu 40 Cent je kWh für Strom und 14 Cent je kWh für Gas. Weiter in die Zukunft zu blicken, sei Streng zufolge „Glaskugellesen“.
Die Johannes Schuetze AG berate gerne im Rahmen des TASPO-Energieprojekts. Neben dem Energie-Einkauf können auch Möglichkeiten der Eigenversorgung mit Strom Thema sein. Die dezentrale Stromerzeugung über PV- und Windkraft-Anlagen oder auch Blockheizkraftwerke werde immer bedeutender. Dass der Weg in diese Richtung gehe, stelle niemand mehr in Frage. „Der richtige Weg ist aber ein individueller und muss gut durchdacht und geplant sein“, so Streng abschließend.
Immense Energiepreissteigerungen in den vergangenen Wochen
Peter Berwanger, Technikberater für den Gartenbau, hat für uns die immensen Energiepreissteigerungen der vergangenen Wochen beleuchtet:
• Heizöl EL – lag der Preis Anfang Februar noch bei rund 90 Cent je Liter, so liege er aktuell bei über zwei Euro. Damit habe sich der Wert innerhalb von fünf Wochen mehr als verdoppelt. Mit ähnlichen Preissteigerungen sei bei Flüssiggas zu rechnen.
• Erdgas – der Großhandelspreis für Erdgas bewegt sich Berwanger zufolge auf einem Rekordniveau. Derzeit liege dieser bei rund 190 Euro je MWh (19 Cent je kWh). Anfang Februar waren es noch 55 Euro je MWh und vor einem Jahr gerade mal 17 Euro je MWh, so der Technikberater. Laut einer Meldung von Check24 vom 7. März 2022 würden zahlreiche Grundversorger ihre Preise für Endkunden um durchschnittlich 56,5 Prozent anheben. Vorerst nicht davon betroffen seien Verträge mit einer Preisgarantie. Die Preise in neuen Gasverträgen lägen in der Regel nochmal erheblich höher.
• Strom – die Megawattstunde Strom kostete laut Berwanger am 7. März 2022 etwa 325 Euro. Anfang Februar habe der Preis noch bei 145 Euro je MWh gelegen und zu Beginn des Jahres bei etwa 50 Euro je MWh. Laut einer Meldung von Check24 vom 7. März 2022 würden zahlreiche Grundversorger ihre Preise für Endkunden um durchschnittlich 34,7 Prozent anheben. Auf den Weg gebracht wurde die Abschaffung der EEG-Umlage zu Mitte des Jahres. Allerdings werde dies zu keiner nennenswerten Entlastung führen.
Vorhersagen über die weitere Preis- und Lieferentwicklung seien vor allem aufgrund der Ukraine-Krise nicht möglich, wie Berwanger betont. Wie dem Technikberater zufolge betriebliche Reaktionen auf die immensen Energiepreissteigerungen aussehen könnten, lesen Sie in TASPO 11/2022.