Warum ist Nachhaltigkeit eines der Zukunftsthemen, um das man sich kümmern muss?
Uwe Steinmeyer: Aus ökonomischer Sicht bedeutet nachhaltiges Wirtschaften langfristig orientiertes und ressourcensparendes Wirtschaften. Für uns bedeutet das: Entwicklung, Produktion und Verkauf von Kultursubstraten, ohne vermeidbare negative Auswirkungen auf die Menschen oder den Planeten. Wir wollen den künftigen Generationen eine lebenswerte Welt überlassen – dafür ist „enkelgerechtes Handeln“ eine notwendige Voraussetzung. Was vielen nicht bewusst ist: Kultursubstrate sind essentiell für die Ernährung der Weltbevölkerung.
Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen?
Uwe Steinmeyer: Bei Brill hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert und ist in der Unternehmensstrategie verankert. Seit Jahren verfolgen wir eine nachhaltige Produktstrategie und forcieren beginnend in 1996 den Einsatz schnell nachwachsender Rohstoffe. Nachhaltigkeit war Teil der DNA von Kekkilä-BVB, lange bevor die beiden Unternehmen ihre Kräfte bündelten. Alles beginnt mit zweckmäßigen Substraten, die unseren Kunden helfen, Obst, Gemüse und Zierpflanzen ressourcenschonend anzubauen, gesunde Jungpflanzen führen zu qualitativ hochwertigen Ernten. Wir nutzen dies als Ausgangspunkt, um die gesamte Wertschöpfungskette zu optimieren, das heißt verantwortungsbewusste Beschaffung, schlanke Logistik, effiziente und sichere Produktion und zukünftig auch die Ermöglichung eines zweiten Lebens für Substrate nach dem Gebrauch.
Jürg Zwahlen: Man könnte sagen, wir bei Birchmeier beschäftigen uns seit unserer Firmengründung 1876, also seit fast 150 Jahren, mit diesem Thema, nur gab es den Begriff „Nachhaltigkeit“ damals noch nicht in der Form wie heute. Es gab und gibt schon immer bei Birchmeier eine Vielzahl von Aktivitäten rund um das Thema Nachhaltigkeit. Die unternehmerische Aufgabe ist es, diese Aktivitäten den heutigen Anforderungen und Aufgaben entsprechend zu bündeln und sie weiterzuentwickeln.
Ist Nachhaltigkeit Chefsache oder kann sie delegiert werden?
Uwe Steinmeyer: Kekkilä-BVB hat wie Brill das Thema Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie fest verankert. Unser Führungsteam ist für die erfolgreiche Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsziele und der Fahrpläne verantwortlich. Dies stellt sicher, dass Nachhaltigkeit in das Unternehmen integriert ist und dass die Ziele von allen Abteilungen und Funktionen getragen werden. Alle Mitarbeiter von Kekkilä-BVB haben in ihren Jahreszielen auch relevante Nachhaltigkeitsziele. Durch die Einbeziehung von allen Kollegen in Beschaffung, Produktion, in der Personalabteilung, im Vertrieb oder in einer der anderen Abteilunge setzen wir diese auch um.
Jürg Zwahlen: Birchmeier als Traditionsunternehmen agiert wie zuvor benannt schon seit Jahrzehnten nachhaltig – ohne es zwingend so zu benennen. Der respektvolle Umgang mit Lieferanten, Mitarbeitern und Partnern, der schonende Umgang mit Ressourcen und der Umweltschutz werden als selbstverständlicher Teil der unternehmerischen Verantwortung interpretiert und gelebt. Familienunternehmen sind meistens auf Langfristigkeit ausgerichtet. Nachhaltigkeit bedeutet ja im Kern Dauerhaftigkeit und Zukunftsfähigkeit. Als Thema ist es ein zeitloser Klassiker, der nie langweilig wird, weil immer neue Themen dazukommen. Aktuell ist beispielsweise viel von „Klimaneutralität“, „Sorgfaltspflichten“ oder „Ressourcenschonung“ die Rede – Themen, über die vor zehn Jahren kaum jemand sprach. Denn Nachhaltigkeit ist am Ende kein Zielzustand, sondern ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.
Gerade heute, wo sich die Tragweite des Themas abzeichnet, aber noch viele Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen bestehen, sollte man den Blick auf die Chancen richten.
Uwe Steinmeyer: Und dafür gibt es im Unternehmen viele gute Gründe und Ansatzmöglichkeiten. In vielen Fällen erschließen wir durch Energieeinsparung, Kreislaufwirtschaft im Betrieb oder intelligente regionale Lieferketten Einsparpotenziale. Wir wollen die Welt durch unsere Produkte und Dienstleistungen grüner und gesünder machen. Strategien zur Wiederverwertung von gebrauchten Substraten sind ein wichtiges Zukunftsthema. Eine treibende Kraft für unsere Strategie und unseren nachhaltigen Fahrplan sind die unbestreitbaren Vorteile von gesunden pflanzlichen Lebensmitteln, die immer stärker nachgefragt werden, aber auch die gesundheitlichen Vorteile, die eine grüne städtische Umgebung oder das Gärtnern den Menschen weltweit bringt.
Jürg Zwahlen: Das Thema Nachhaltigkeit wird langfristig für Unternehmen ein übergreifendes Thema über alle Bereiche werden, eine Art „Zweitwährung“ im Unternehmen, ähnlich dem Thema Finanzen. Deshalb ist es wichtig, einen langfristigen Prozess des Wandels und des Lernens auf Organisations- und Mitarbeitenden-Ebene zu entwickeln. Wir fördern und fordern gute Ideen und folgen der klaren Richtung im Unternehmen, die sich aus unserer Identität ergibt. Dabei gehen wir Schritt für Schritt voran und bleiben gleichzeitig flexibel.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei den Kundenanforderungen? Worin sehen Sie den Zusammenhang von Qualität und Nachhaltigkeit?
Jürg Zwahlen: Birchmeier stellt Premium-Produkte für den Gartenbau, das Gewerbe und auch die Industrie her. Kunden haben entsprechend hohe Erwartungen an unsere Produkte. Neben klassischen Qualitätsmerkmalen wie Funktionalität und Design, gehören hierzu auch „Nachhaltigkeitsmerkmale“ wie Energieeffizienz, Haltbarkeit und Reparierbarkeit. In diesem Sinne ist Nachhaltigkeit Bestandteil eines erweiterten Qualitätsversprechens. Diese Nachhaltigkeitsaspekte werden bei Birchmeier im Produktentwicklungsprozess verankert, mit dem Ziel, eine Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen.
Uwe Steinmeyer: Die gesellschaftliche und politische Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit in Bezug auf Torf- und Torfersatzstoffe nimmt zu. Kunden und vor allem die Endverbraucher interessieren sich immer mehr für die Nachhaltigkeitswirkung unserer Produkte, sei es aus eigener Motivation oder weil ihre Kunden danach fragen. Eine Herausforderung, der wir uns mit unseren Produkten und Produktweiterentwicklungen gerne stellen. Unsere Produkte bilden die Grundlage des Wachstums bei der Produktion gesunder Lebensmittel oder der Begrünung von Gärten und ganzen Städten. Unsere Produkte haben jede Menge positive Auswirkungen auf die Gesellschaft. Dennoch sind wir uns bewusst, dass wir uns weiter verbessern müssen. Die Schlüsselthemen, die unsere Kunden derzeit beschäftigen, sind Klimawandel und Biodiversität, und wir freuen uns, dass wir mit unseren Lösungen zu einer grüneren Welt und der Schaffung einer widerstandsfähigen Lebensmittelindustrie beitragen können.
Was sind die größten Herausforderungen, was die größten Erfolgsfaktoren?
Uwe Steinmeyer: Die öffentliche Diskussion wird sehr häufig pauschal und völlig undifferenziert geführt. Torf wird verteufelt und sein Ersatz politisch und gesellschaftlich gefordert. Dabei ist und bleibt Torf aufgrund seiner unübertroffen positiven chemischen und physikalischen Eigenschaften ein essentieller Bestandteil von funktionierenden Substraten, der auch ungewünschte Eigenschaften der gewünschten Torfersatzstoffe ausgleichen und abpuffern kann, und somit deren Einsatz ermöglicht. Wir wollen dazu beitragen, dass das Thema Einsatz von Torf und Torfersatzstoffen zukünftig viel ehrlicher, kompetenter und wahrhaftiger diskutiert wird. Und an den wichtigen Themen Verfügbarkeit schnell nachwachsender Rohstoffe zu marktgerechten Preisen und Akzeptanz veränderter Eigenschaften von torfreduzierten Substraten wollen wir mit der gesamten Wertschöpfungskette weiterarbeiten. Torfersatz ist für uns ein Servicethema und funktioniert nach unseren Erfahrungen dann erfolgreich, wenn wir das Thema gemeinsam mit unseren Kunden bearbeiten. Dieser Prozess braucht Zeit.
Was sind die größten Learnings in Bezug auf das Thema „Nachhaltigkeit“?
Jürg Zwahlen: Man darf die Eigendynamik des Themas nicht unterschätzen. Die Bedeutung des Themas kann sich schlagartig ändern. Darum ist es unausweichlich, sich im Grunde genommen ständig damit zu beschäftigen. Nachhaltigkeit wird zunehmend von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten als Herzensangelegenheit betrachtet und hat daher das Potenzial, zum Begeisterungsfaktor zu werden, insbesondere, wenn man konkrete Hilfestellungen zu nachhaltigerem Verhalten geben kann. Die ganzheitliche Leistungserstellung eines Unternehmens ist nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance, die weit über das klassische Produktangebot hinaus reicht. Es ist heute ein Teil der Positionierung und somit der Wettbewerbsfähigkeit. Der kritische Konsument, ob privat oder beruflich, zieht diese Faktoren zunehmend in seine Kaufentscheide mit ein.
Uwe Steinmeyer: Wir kümmern uns um Nachhaltigkeit, weil es richtig, und um das Leben, weil es wichtig ist.