Neue EU-Öko-Verordnung: Grundlage der Bio-Branche wackelt

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Bio-Anbauer sehen die neue EU-Öko-Verordnung und die mit ihr in Kraft tretende Regelung zu Pflanzenvermehrungsmaterial kritisch. Im Bild föga-Vorstand Herbert Vinken (vorn) und Bioland-Gärtner Thomas Rasche. Foto: Klawitter

Für viel Aufruhr im Bio-Anbau sorgen einige Details der neuen EU-Öko-Verordnung, die im Januar 2022 in Kraft treten soll. Die künftige Regelung zu Pflanzenvermehrungsmaterial etwa trifft der Fördergemeinschaft ökologische Zier- & Gartenpflanzen (föga) zufolge jeden Bio-Betrieb, der in irgendeiner Weise Jungpflanzen von anderen Bio-Betrieben bezieht. Besonders hart treffe es Bio-Jungpflanzenbetriebe selbst.

Noch zu wenig Bio-Vermehrungsmaterial im Bio-Pflanzenanbau

Bekanntlich gibt es im Bio-Pflanzenanbau noch zu wenig Bio-Vermehrungsmaterial, sodass viele Betriebe gezwungen sind, auf konventionelles Material zurückzugreifen und dies durch entsprechend zertifizierte Produktion zu Bio-Pflanzen wachsen zu lassen. Laut föga würde dieser Prozess jedoch so schwierig gemacht, dass der Fortschritt der Bio-Produktion und der Aufbau einer Bio-Jungpflanzenproduktion künftig behindert wird. Mittlerweile arbeite die EU-Kommission mit Vertretern der Mitgliedstaaten bereits an einer Lösung, heißt es seitens der föga.

„Dreh- und Angelpunkt ist der von der EU neu eingeführte Begriff ‚Pflanzenvermehrungsmaterial‘: Hierunter fallen Jungpflanzen wie Sämlinge und Sämlings-Unterlagen sowie bewurzelte und unbewurzelte Stecklinge, Risslinge, Teilpflanzen, im Obstbau auch Edelreiser, allesamt im englischen Original zusammengefasst als sogenannte ,transplants‘. Zusätzlich führt ein sogenannter ,Rechtsakt‘ für Sämlinge einen Zwischenstatus mit der Etikettierungsvorgabe ,für den Bio-Anbau geeignet‘ ein. Dieser gilt ausschließlich für im Bio-Betrieb aus konventionellem, ungebeiztem Saatgut gezogene Jungpflanzen. Sie sind neuerdings nur noch als ,konventionell‘ mit dem besagten verwirrenden Etikettierungs-Hinweis vermarktbar, obwohl der gesamte Prozess bio ist“, erläutert dazu die föga.

Kaum ein Betrieb verwendet ausschließlich Bio-Saatgut

Diese konventionell auszulobende Jungpflanze mit Etikettierungsvorgabe habe im Bio-Betrieb letztlich einen ungeklärten „Zwischen-Status“, was unweigerlich zur unerlaubten Parallelproduktion führe, weil kaum ein Betrieb ausschließlich beispielsweise Salat aus Bio-Saatgut anzieht, sondern immer auch konventionelles Saatgut verwendet. Ein solcher Betrieb würde somit gegen die Basisverordnung verstoßen.

Der neue „Rechtsakt“ betreffe ausschließlich Sämlinge, also generatives Pflanzenvermehrungsmaterial, heißt es in der Stellungnahme der föga zur neuen EU-Öko-Verordnung. Werde hingegen bei vegetativem Pflanzenvermehrungsmaterial im Bio-Betrieb konventionelles Ausgangsmaterial eingesetzt, bleibe der Verkaufsstatus unverrückbar „konventionell“ – ohne „abmildernden“ Etikettierungszusatz, und zwar unabhängig davon, ob die Kultur im Bio-Betrieb stattfindet. Eine Etikettierungsvorgabe sei hier nicht vorgesehen.

Keine Motivation für Betriebe, weiter Bio-Jungpflanzen anzubieten

„Wenn aber das Produkt aus der Biokultur dem aus dem konventionellen Betrieb im Status gleichgestellt ist, entfällt jegliche Motivation, beim in der Regel teureren Bio-Betrieb zu kaufen. Für die Jungpflanzenbetriebe und Baumschulen gibt es keine Motivation, weiter Bio-Jungpflanzen anzubieten, weil diese Pflanzen aus dem Bioprozess genauso konventionell ausgelobt werden müssen wie Konkurrenzprodukte aus einem konventionellen Prozess, der aber in aller Regel besser etabliert ist und preiswerter produzieren kann“, so die föga.

► Die komplette Stellungnahme der föga zu neuen EU-Öko-Verordnung und ihre Forderungen können Sie hier als PDF downloaden. Eine nähere Erklärung zu den Unterschieden zur alten Verordnung können Sie darüber hinaus hier als PDF downloaden.

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