Kosten durch invasive Arten erstmalig umfassend quantifiziert
„Wir haben erstmalig umfassend und detailliert die Kosten, die durch invasive Arten in europäischen Ländern entstanden sind, quantifiziert und deren Trends über einen Zeitraum von 60 Jahren beobachtet“, erklärt Dr. Phillip J. Haubrock von der Außenstelle Gelnhausen am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. Als Grundlage für seine Berechnungen hat das internationale Forscherteam um Haubrock den Angaben zufolge die Datenbank InvaCost genutzt, in der eine globale Bewertung der wirtschaftlichen Schäden durch nicht-heimische Arten erfasst sei. Demnach liegt der gesamte zwischen 1960 und 2020 in Europa entstandene Schaden bei 116,61 Milliarden Euro, wobei die Kosten in Großbritannien, Spanien, Frankreich und Deutschland am höchsten waren. In der Bundesrepublik etwa lagen die wirtschaftlichen Kosten von Invasionen im genannten Untersuchungszeitraum bei geschätzten 8,21 Milliarden Euro.
Größte wirtschaftliche Schäden in der Land- und Forstwirtschaft
Die größten wirtschaftlichen Schäden haben die invasiven Tier- und Pflanzenarten dabei in der Land- und Forstwirtschaft angerichtet, wie die Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstituts zusammen mit einem internationalen Team in ihrer im Fachjournal „NeoBiota“ veröffentlichten Studie herausgefunden haben. Zudem konnten die Forscher einen linearen Anstieg der Kosten sowohl auf europäischer Ebene, als auch in Deutschland feststellen. „Pro Dekade kam es zu einer Verzehnfachung der wirtschaftlichen Schäden“, so Haubrock. Mit der Wanderratte, dem Beifußblättrigen Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia), dem Wildkaninchen, dem Asiatischen Eschenprachtkäfer und der Plattwurmart Gyrodactylus salaris haben die Forschenden außerdem die fünf größten Kostenverursacher unter den invasiven Arten identifiziert. Allein auf das Konto der Wanderratte gingen in den letzten 60 Jahren im europäischen Raum zum Beispiel Kosten in Höhe von etwa 5,5 Milliarden Euro, so Haubrock.
„In Deutschland verursachen laut der aktuellen Datenlage von den knapp 200 als invasiv geführten Arten nur 28 Arten entsprechende Kosten. Arten, wie beispielsweise der Nordamerikanische Waschbär – der nachweislich bereits Schäden in Deutschland verursacht – sind noch überhaupt nicht in der Rechnung erfasst“, so Haubrock weiter. Entsprechend gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die tatsächlichen Kosten noch um ein Vielfaches höher liegen dürften. Auch seien einige der entstehenden Ausgaben den Forschenden zufolge schwer zu quantifizieren. Beispiele für indirekte Kosten seien etwa durch invasive Arten verursachte gesundheitliche Beeinträchtigungen beim Menschen oder das Verdrängen heimischer Arten.
Einschleppung invasiver Arten möglichst von vornherein verhindern
Da die Invasionsraten im europäischen Raum weiter ansteigen, sei zu erwarten, „dass auch die wirtschaftlichen Kosten diesem Trend folgen“, wie Haubrock erklärt. Um die wachsenden wirtschaftlichen und ökologischen Probleme invasiver Arten auf regionaler oder Länderebene anzugehen, müssten Erhebung, Berichterstattung und Bewertung der Schäden erheblich verbessert werden, fordert der Wissenschaftler. Und wie der ebenfalls zu dem internationalen Forschungsteam gehörende Dr. Ross Cuthbert, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Biowissenschaften der Queen‘s University in Belfast, ergänzt, „könnten Investitionen in eine bessere Biosicherheit, um die Einschleppung invasiver Arten von vornherein zu verhindern, die künftigen wirtschaftlichen Auswirkungen verringern und wären wesentlich kostengünstiger als künftige Schäden oder eine langfristige Bekämpfung.“