Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz gibt es zwei Möglichkeiten, Arbeitsverträge zu befristen: Die eine Möglichkeit erfordert einen sachlichen Grund, die andere ist eine reine Zeitbefristung – auch sachgrundlose Befristung genannt –, die nur bei Neueinstellung möglich ist.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Befristung auch ohne Sachgrund wirksam
Die Klägerin war von Oktober 1991 bis November 1992 bei der Beklagten als Hilfsarbeiterin beschäftigt. Mit Wirkung ab dem 15. Oktober 2014 stellte die Beklagte die Klägerin erneut ein, nun als Telefonserviceberaterin. Dieser Arbeitsvertrag war bis zum 30. Juni 2016 sachgrundlos befristet. Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass dieses zweite Arbeitsverhältnis aufgrund ihrer Vorbeschäftigung nicht erneut wirksam befristet werden durfte und damit weiterhin unbefristet fortbesteht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte in seinem Urteil vom 21. August 2019 – 7 AZR 452/17 – fest, dass in diesem Fall die Befristung auch ohne Sachgrund wirksam war.
Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz darf eine sachgrundlose Befristung nur dann wirksam vereinbart werden, wenn es sich um eine Neueinstellung handelt, es also keine Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber gegeben hat. Dieses Vorbeschäftigungsverbot kann nach der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und BAG dann keine Anwendung finden, wenn unter Berücksichtigung der Regeln von Grundgesetz/Verfassung zum Beispiel zwischen der vorherigen Beschäftigung und der aktuellen Befristung ein sehr langer Zeitraum liegt.
Wie lang ist „sehr lang“?
Wie lang im Sinne der verfassungskonformen Auslegung „sehr lang“ ist, hatten BVerfG und BAG nicht festgelegt und dies von einer Entscheidung im Einzelfall abhängig gemacht. Im aktuellen Urteil legt das BAG jetzt fest, dass ein Zeitraum von 22 Jahren „sehr lang“ im Sinne der Rechtsprechung ist. Eine kürzere Zeitdauer als 22 Jahre kann damit ebenfalls „sehr lang“ im Sinne dieser Rechtsprechung sein, lediglich alle Zeiträume von 22 Jahren und mehr sind hierdurch erfasst. Das Urteil das BAG vom 23. Januar 2019 hatte festgestellt, dass eine Differenz von acht Jahren noch nicht „sehr lang“ ist. Damit bleibt weiterhin offen, wie die Zeiträume von neun bis 21 Jahren bewertet werden.
Urteil des BAG vom 21. August 2019, 7 AZR 452/17; Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 29/19
Über die Autorin
Kirsten Weigmann ist Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei in Hannover und insbesondere auf Arbeitsrecht, Vertragsrecht und Gesellschaftsrecht spezialisiert.