Spargelbetriebe setzen auf Attraktivität für Erntehelfer

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Möglichst persönliche Beziehungen, gute Wohn- und Arbeitsbedingungen und ein paar „Goodies“ – das kann Erntehelfer an den Spargelbetrieb binden. Foto: auremar/Fotolia

Bezahlung über Mindestlohn, gutes Arbeitsklima, hotelähnliche Unterbringung, Getränke aufs Feld: Mit Maßnahmen wie diesen arbeiten Deutschlands Spargelbetriebe aktiv daran, für Erntehelfer wieder attraktiver zu werden. Nicht ohne Grund, denn den Betrieben droht in dieser Saison ein erheblicher Mangel an Saisonkräften.

Viele Erntehelfer wandern in andere Branchen ab

„Viele unserer guten Kräfte, die bereits mehrmals hier waren und in Spargelbetrieben gearbeitet haben, wandern ab in andere Bereiche wie den Bau, zu Paketdiensten, in die Gastronomie oder die Pflege“, weiß Fred Eickhorst, Geschäftsführer der Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer Niedersachsen, aus Gesprächen mit den Betrieben.

Oft, weil die Bezahlung dort vermeintlich besser sei, die Absicherung aber oft nicht, gibt Eickhorst zu bedenken. Andere treten oft ihre Arbeit nicht an oder reisen vorzeitig wieder ab. Hauptgrund sei, so ergänzt Jochen Winkhoff, Geschäftsführer der Fachgruppe Gemüsebau im Zentralverband Gartenbau (ZVG), dass besonders in Polen, aber auch in Rumänien die Entlohnung der Arbeit attraktiver geworden ist.

Mechanisierung erleichtert Arbeit im Spargelbetrieb

„Unsere Betriebe arbeiten aktiv daran, für die Erntehelfer wieder attraktiver zu werden“, sagt Eickhorst. Ein wichtiger Punkt sei die stetige Verbesserung der Mechanisierung, die den Job körperlich weniger anstrengend macht. „Heute müssen Erntehelfer eigentlich nur noch das Messer bedienen. Alles andere, vom Folienauf- und -abrollen bis zum Transport des Erntekorbes, übernehmen Maschinen. Alles ist sehr viel einfacher geworden.“

Die Mechanisierung ermögliche es theoretisch sogar, 24 Stunden durchgehend zu ernten – das macht die einzelnen Arbeitseinheiten gut planbar. Ein Punkt, der den Erntehelfern sehr wichtig ist. Denn die möchten eine möglichst gute Arbeitsauslastung in der Zeit, in der sie da sind, im Rahmen der gesetzlichen Gegebenheiten möglichst viel arbeiten, keine unnötigen, beispielsweise wetterbedingten Zwangspausen haben.

Goodies und Bezahlung über Mindestlohn für Erntehelfer

Am Lohn, meint Eickhorst, liegt es in den Betrieben weniger, dass weniger Kräfte kommen. „Wir bezahlen über Mindestlohn.“ Dass die Spargelbranche längst kein Billiglohnanbieter mehr sei, besser zahle als viele Paketdienste, sei in der Bevölkerung aber noch nicht so richtig angekommen, bedauert er.

Um sich für ihre Kräfte attraktiver zu machen, bieten die Betriebe darüber hinaus immer mehr Service. Die Unterkünfte sind so ausgebaut, dass sich die Menschen darin wohl fühlen können. Viele Betriebe haben Prämien-Lohnsysteme, intensive Arbeitsunterweisungen unterstützen die Mitarbeiter beim Erlernen von effizienten Arbeitsverfahren. Die „Goodies“ reichen von Getränkelieferungen auf dem Acker bis zu Fahrten zu Supermarkt und Kirche sowie Freizeitangeboten für die Erntehelfer.

Wie sich Spargelbetriebe Fans unter den Erntehelfern schaffen

„Auf solche Angebote wird sich immer mehr konzentriert. Wer das erkannt hat und umsetzt, bei dem wird sich die Arbeitskräftesituation auch entsprechend besser entwickeln“, ist Eickhorst überzeugt. Gerade auch für kleinere Betriebe sei das ein wichtiger Weg. „Die persönlichen Bedingungen sind enorm wichtig, manche schaffen sich dadurch fast ein bisschen Fans unter den Helfern“, weiß er.

Das unterstreichen auch die Betriebe der Spargelstraße Nordrhein-Westfalen. Vorsitzender Willy Kreienbaum sagt: „Unsere Familienbetriebe pflegen ein sehr gutes, fast schon familiäres Verhältnis zu ihren Saisonkräften, die in vielen Betrieben mittlerweile über mehrere Generationen kommen. Wo das Betriebsklima stimmt, so unsere Erfahrung über viele Jahre hinweg, kommt diese Stammbelegschaft auch in Zukunft immer wieder.“

Muss ein Teil der Spargelernte 2019 auf dem Acker bleiben?

Um genügend Kräfte zu bekommen, setzen auch die der Spargelstraße NRW angeschlossenen Betriebe auf „hotelähnliche“ Quartiere, freies WLAN, faire Behandlung und Urlaubstage, um auch zwischendurch nach Hause zu fahren. Weitere Vergünstigungen sind beispielsweise Tankgutscheine. In Betrieben mit verschiedenen Kulturen erkenne er zudem die Tendenz, gute Saisonkräfte dauerhaft zu beschäftigen.

Dennoch: Der Kräftemangel auf dem Spargelfeld wird in dieser Saison 2019 trotz aller Anstrengungen ein großes Problem sein – und in vielen Betrieben darüber entscheiden, ob ein Teil der Ernte auf dem Acker verbleiben muss, weil nicht genug Helfer da sind.

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