Start des ALB-Winter-Monitorings in Miesbach

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Im Sommer 2019 wurde das Auftreten des Asiatischen Laubholzbockkäfers (ALB) in Miesbach in Bayern an Kastanie, Birke, Weide und Ahorn zweifelsfrei bestätigt und damit eine neue Quarantänezone eingerichtet. 100 Meter rund um die befallenen Bäume wurden sukzessive alle Laubgehölze aus den 16 bekannten Gattungen gefällt, die dem ALB hierzulande erfahrungsgemäß als Wirt dienen. Anfang Dezember startete nun das Kronen-Monitoring durch Baumkletterer in der angrenzenden Fokuszone, 500 Meter um die befallenen Bäume herum.

Klettern statt Fällen

Christopher Seif, neuer Leiter der Arbeitsgruppe ALB an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und Gerhard Kraus, Gebietsbeauftragter in Miesbach, informierten dazu die Presse, um die Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerung zu erhöhen. „Unsere Aufgabe ist es, die heimische Natur vor diesem eingewanderten Quarantäneschädling zu schützen, der bei uns viele Laubholzarten befällt, aber fast keine Feinde hat. Wir starten heute hier in Miesbach in der Fokuszone mit der Kontrolle aller in Frage kommenden Laubgehölze durch Baumkletterer und Bodenkontrolleure. Für das Kronen-Monitoring aller kletterbaren Bäume hat die LfL vier Firmen beauftragt, die jeweils einen Sektor übernehmen. Das Winter-Kronen-Monitoring läuft bis März 2021 und wird bis zum Projektende, genau wie das jährliche Sommer-Monitoring, regelmäßig wiederholt. Wenn sich bis dahin kein weiterer Lebendbefall feststellen lässt, endet das Projekt mit Ablauf des Jahres 2024“, erläuterte Seif. Gerhard Kraus, der bereits in der Ende 2019 wieder aufgehobenen Quarantänezone in Feldkirchen/Neubiberg eingesetzt war, fügte hinzu: „Die Wintermonate sind für das Kronen-Monitoring optimal, da das Holz im unbelaubten Zustand viel besser auf Eiablagen und Ausbohrlöcher abgesucht werden kann. Damit die Kletterer gut an die Bäume kommen und ungestört arbeiten können, ist es wichtig, dass die Anwohner wissen, was diese Leute im Baum machen, nämlich, dass sie die Bäume kontrollieren und –solange nichts gefunden wird– nicht umschneiden.“

Anspruchsvolle Aufgabe für Baumkletterer

Eine der beauftragten Firmen in der Miesbacher Fokuszone ist das Forstunternehmen von Dipl.-Ing (FH) Claus Jacobs. Er erklärte: „Als Ankerpunkt bzw. Sicherungspunkt wählen wir Baumkletterer eine stabile Astgabel im Kronenbereich, um einen möglichst großen Bereich der Krone im Lot abklettern zu können. Das Aufstiegsseil führt entlang der Terminale, und man sollte vermeiden, über dem Ankerpunkt zu klettern. Baumkletterer brauchen für diese Aufgabe einen erfolgreichen Abschluss der Seilklettertechnikkurse A und B (SKT-A und SKT-B) oder eine abgeschlossene Ausbildung zum „European Tree Worker“ oder „European Tree Technician“. Dazu müssen sie einen speziellen Kurs der LfL zur Erkennung von Befalls-Symptomen des ALB absolviert haben. Für das gründliche Monitoring eines Baums wie diesen Bergahorn brauchen wir etwa zwei Stunden. Wir bearbeiten so ein Gehölz mit zwei Leuten. Eigentlich führen wir bei Schnee sonst kein Monitoring durch, denn dann sind die Eiablagestellen und Ausbohrlöcher schlecht zu erkennen und für den Kletterer kann es gefährlich werden.“

Sein Mitarbeiter Florian Brunner berichtete: „Man bekommt mit der Zeit schon einen geübten Blick für mögliche Befallsstellen, hofft aber gleichzeitig, nichts zu finden. Das Monitoring ist im Vergleich mit anderen Aufgaben, die man als Baumkletterer ausführt, körperlich nicht ganz so anstrengend. Ich persönlich mag aber die Abwechslung und übernehme zwischendrin auch immer andere Arbeiten, sonst verliere ich die dringend nötige Aufmerksamkeit für die Symptomkontrolle. Eiablagestellen sind beispielsweise recht schwierig zu erkennen und die Nekrosen, die sich an den Schadstellen des ALB bilden, sehen bei jedem Baum anders aus. Bei der Birke etwa sind die Ausbohrlöcher und die Nekrosen vergleichsweise schwer zu erkennen, weil der Baum von Natur aus so viele schwarze Flecken auf der Rinde hat. Schwierig sind auch mit Efeu bewachsene Bäume. Sie sind nur bedingt kletterbar und die visuelle Kontrolle der Gesundheit des Stamms und der Äste ist kaum machbar. Den ALB selbst habe ich im Kurs an der LfL zwar schon als Präparat gesehen, doch als letztes Jahr die Lebendfunde in Miesbach gemeldet wurden, bin ich gleich hingefahren, um mir das lebende Objekt anzuschauen. Es ist schließlich immer gut, wenn man seinen Gegner genau kennt.“

Gerhard Kraus weiß: „Gott sei Dank stellt sich ein gemeldeter, vermeintlicher ALB oft als Handwerkerbock heraus. Schuster-, Schneider- und Bäckerbock sehen dem ALB wirklich sehr ähnlich und sind für den Laien kaum zu unterscheiden. Das deutlichste Unterscheidungsmerkmal sind die Flügeldecken, die beim ALB stark glänzen, bei den Handwerkerböcken aber eher matt sind und meist etwas bräunlicher.“ Handwerkerböcke besiedeln allerdings nur Nadelgehölze. Ähnliche Schadbilder (Gänge, Bohrlöcher, Genagsel) wie der ALB verursachen Moschus- und Pappelbock an Weiden und Pappeln. Die Käfer sehen aber ganz anders aus.

Klettern, Hebebühne oder Hund?

„Beim Klettern muss man nicht ständig umrüsten, man kommt besser ins Kroneninnere und der Zeitaufwand für den Aufbau einer Hebebühne ist viel größer“, erläutert Claus Jacobs die Vorteile des Kletterns. „Wenn die Terminale des Baumes eher kurz ist, es also keinen geeigneten Ankerpunkt gibt, der Baum nicht klettersicher ist oder wenn es um den äußersten Bereich der Krone geht, kommt allerdings eine Hebebühne zum Einsatz.“ Drohnen hätten sich laut Gerhard Kraus nicht bewährt. Die visuelle Kontrolle kleinerer, nicht kletterbarer Gehölze erfolgt über Mitarbeiter der LfL vom Boden aus, ggf. mit extra ausgebildeten Spürhunden. Mit Letzteren lassen sich Gehölze bis etwa Mannshöhe und vor allem Schnittgut und gefällte Bäume kontrollieren. Europaweit gibt es jedoch nur etwa 100 ausgebildete ALB-Spürhunde. Gerhard Kraus` Privathund Louis ist einer von vier ALB-Spürhunden, deren Besitzer an der LfL tätig sind.

Schulung und Alternativpflanzungen

Die LfL beabsichtigt, auch außerhalb des Monitorings möglichst viele Leute zu schulen, vor allem Angestellte von Baumpflegefirmen, Forstbetrieben, Mitarbeiter der kommunalen Verwaltung, von Garten-Landschaftsbaubetrieben etc., damit ein neuerliches Auftreten des Käfers möglichst rasch und sicher erkannt wird. Interessenten können eine E-Mail an die Adresse ALB(at)LfL.bayern.de senden und werden dann automatisch über anstehende Schulungstermine informiert. Aufgrund der Corona-Pandemie finden derzeit allerdings keine Schulungen statt. Für die Neupflanzung und das Nachpflanzen von Gehölzen gibt es an der LfL (www.lfl.bayern.de) eine Broschüre über Laubgehölze, bei denen ein Befall mit dem ALB noch nicht nachgewiesen werden konnte, auch nicht unter Laborbedingungen.

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