Studie: Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen hat Potenzial

Veröffentlichungsdatum: , Daniela Sickinger / TASPO Online

Zu den Heil- und Gewürzpflanzen, die in Baden-Württemberg angebaut werden, gehört unter anderem die Ringelblume. Foto: Michael Straub

Wie können Betriebe das Interesse an Bio-Lebensmitteln, Naturkosmetik und alternativen Heilverfahren noch stärker für sich nutzen? Das Fachgebiet Agrarmärkte der Universität Hohenheim hat dazu im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg eine Bestandsaufnahme durchgeführt. Die Ergebnisse sollen am 31. März präsentiert werden.

Verbraucher wollen mehr Artenschutz und Nachhaltigkeit

Viele Verbraucher wünschen sich mehr Artenschutz und Nachhaltigkeit in Gartenbau und Landwirtschaft. „Das kann auch dem ökologischen Anbau von Heil-, Kosmetik- und Gewürzpflanzen neue Möglichkeiten eröffnen“, sagt Prof. Dr. Sebastian Hess vom Fachgebiet Agrarmärkte, Projektleiter der Studie in Kooperation mit dem Zentrum für Ökolandbau an der Universität Hohenheim und dem Netzwerk Kräuter Baden-Württemberg. Wie die Autorin der Studie, Dr. Beate Gebhardt, dazu ergänzt, schlagen sich der Trend zu Natürlichkeit sowie das steigende Gesundheitsbewusstsein und Interesse der Verbraucher an Bio und Regio bereits im Anbau von Heil-, Kosmetik- und Gewürzpflanzen in Baden-Württemberg nieder.

Anbauflächen für Heil- und Gewürzpflanzen nahezu verdoppelt

Demnach haben sich die Anbauflächen für Heil- und Gewürzpflanzen und die Anzahl der Betriebe von 2010 bis 2020 sowohl in Baden-Württemberg als auch deutschlandweit nahezu verdoppelt, wie Gebhardt erklärt. Erhebungen des Statistischen Bundesamts zufolge sei die Anzahl der Betriebe im Land von 77 auf 147 gestiegen, die Anbaufläche sei von 237 Hektar auf 438 Hektar gewachsen. Betrachte man lediglich den Öko-Anbau, so gab es 2020 eine Anbaufläche von 217 Hektar in 68 Betrieben. Damit liege Baden-Württemberg nach Bayern auf Platz zwei in Deutschland. „Allerdings reden wir hier von einer ‚Nische in der Nische‘“, betont Gebhardt. Insgesamt 1,5 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg würden diese Sonderkultur ökologisch anbauen.

Anbau sehr vielfältig, arbeitsintensiv und häufig Handarbeit

Dennoch sei das Bundesland von der deutschlandweit starken Zunahme des Öko-Anteils in diesem Segment in den Jahren 2016 bis 2020 nahezu abgekoppelt, denn während bundesweit die Gesamtanbaufläche um rund 42 Prozent anstieg, lag der Zuwachs in Baden-Württemberg nur bei einem Prozent. „Typisch für Baden-Württemberg sind kleine und mittlere Betriebsgrößen, eine lange Tradition und ein schwer zugängliches Spezialwissen“, fährt die Wissenschaftlerin fort. „Der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen in Baden-Württemberg ist sehr vielfältig, arbeitsintensiv und häufig Handarbeit. Und vor allem die kleineren Betriebe fallen oft durch das Raster der Erfassungsgrenzen der Agrarstatistik – und von Fördermaßnahmen.“ Ein Selbstläufer oder Garant für ein wirtschaftlich erfolgreiches Standbein in der Landwirtschaft sei der Anbau von Heil- und Gewürzpflanzen nicht.

Forscher empfehlen Einrichten einer Zentralstelle

„Wer mit dem Anbau neu startet, muss viel ausprobieren. Das führt oft jahrelang zu immer wiederkehrenden Rückschlägen“, weiß Dr. Sabine Zikeli vom Zentrum Ökologischer Landbau an der Universität Hohenheim und Vorstandsmitglied im Netzwerk Kräuter Baden-Württemberg. „Es gehört viel Pioniergeist und Technikbegeisterung dazu, um Maschinen für Ernte, Trocknung und Aufbereitung der Pflanzen selbst zu bauen oder anzupassen.“ Eine Zentralstelle könnte dieses Spezialwissen sammeln, vertiefen und über Neuigkeiten informieren – vergleichbar beispielsweise mit der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL).

Einzelbetriebliche Unterstützung sollte verbessert werden

Auch die einzelbetriebliche Unterstützung und eine stärkere Vernetzung der Wertschöpfungsketten sollten verbessert werden, so Gebhardt. „Da potenzielle Abnehmer bevorzugt nur mit einer Partei verhandeln möchten, sollte eine Marktbörse etabliert werden, in der sich Anbauer:innen in Baden-Württemberg zu einer Vertriebsgemeinschaft oder -genossenschaft zusammenschließen, welche Anbau und aufnehmende Hand zusammenbringt.“ Sinnvoll sei darüber hinaus eine Kommunikationsstrategie, welche die Nachhaltigkeit und Einzigartigkeit von ökologisch angebauten Heil- und Gewürzpflanzen aus Baden-Württemberg hervorhebt, mit einer angemessenen Regionalauslobung.

► Die Ergebnisse des Projekts „Ökologischer Heil-, Kosmetik- und Gewürzpflanzenanbau in Baden-Württemberg“ sollen am 31. März von 13 bis 16 Uhr der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Teilnahme an der Online-Veranstaltung ist kostenlos, weitere Informationen dazu sowie die Anmeldemöglichkeit sind auf der Website des Zentrums Ökologischer Landbau der Uni Hohenheim zu finden.

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