„Ich habe keine Jacht – aber ich habe einen Garten“
„Ich habe keine Jacht, keine Rennpferde oder anderer solcher Dinge – aber ich habe einen Garten“, sagt Michael Heseltine. Diese Aussage bringt seine große Passion für seinen Garten auf den Punkt, denn der ehemalige Deputy Prime Minister und britische Politiker der Conservative Party brennt mit seinen 88 Jahren immer noch vor Leidenschaft für seinen Park. 1976 erwarb er mit seiner Frau Anne das Anwesen Thenford House samt dem umliegenden Garten und der Ländereien. Sie fügten dadurch dem Gartenbau- und Landwirtschaftsvermögen der von Heseltine gegründeten Haymarket Media Group, der auch die TASPO angehört, über 400 Hektar Land hinzu.
„Wir sind eine Nation von Gärtnern“, betont das Ehepaar Heseltine, was auch den Stellenwert der englischen Gärten im Vereinigten Königreich gut zusammenfasst. Das zeigt sich auch auf eindrucksvolle Art und Weise im über 70 Hektar großen Thenford Gardens and Arboretum. Spricht man mit Besuchern einer der größten privaten Gehölzsammlungen Europas, fallen schnell die Worte „beeindruckend“, „einzigartig“ und „faszinierend“. Hier entstand über die Dekaden nicht nur eine einzigartige Sammlung an Gehölzen und Pflanzen, sondern das Lebenswerk Michael Heseltines.
„Hier befand sich gar nichts, als wir herkamen“, sagt Heseltine heute mit Blick auf die eindrucksvolle Anlage. In den Jahren bis zur Jahrtausendwende bestand die oberste Priorität demnach darin, rund 40 Hektar verfallenes Waldgebiet wiederherzustellen. Die Bagger und schwere Maschinen rückten an, um umgestürzte Bäume und Schutt zu beseitigen, mittelalterliche Fischteiche, drei an der Zahl, auszubaggern und ihre ursprüngliche Form wiederherzustellen. Ein zwei Hektar großer See wurde von drei Metern Schlamm befreit und seine stützende Mauer wieder aufgebaut. Nach und nach entstand hier etwas ganz Besonderes.
4.000 verschiedene Bäume und Sträucher
Das Waldgebiet aus dem 18. Jahrhundert wurde von den Heseltines durch eine große Auswahl an Bäumen und Sträuchern erweitert, wodurch der Grundstein für die heutige Sammlung gelegt wurde. Diese wurde über die Jahrzehnte stetig qualitativ verbessert und verfügt heutzutage über insgesamt 4.000 verschiedene Bäume und Sträucher. Die komplette Anlage erstreckt sich über 70 Hektar und besteht neben den unterschiedlichen Baumarten aus ausgedehnten Staudenrabatten, Wassergärten, einem alpinen Trog-Garten, einem Skulpturengarten, einem Rosengarten und zwei Bachläufen. Die mittelalterlichen Fischteiche, der sie verbindende Kanal und der bestehende See wurden restauriert und zwei neue hinzugefügt.
Zu einem der Highlights des Parks gehört der Statue Garden. Dieser sei „voll von einzigartigen Skulpturen“, so Heseltine. Zahlreiche Statuetten von namhaften Bildhauern zieren diesen Garten, doch überragt wird hier alles von einer übergroßen Lenin-Büste. Die Plastik des Marxisten Lenin befand sich ursprünglich auf dem Dach des KGB-Gebäudes in Preili, Lettland. Einige Jahre später, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, landete die Statue in einem Auktionshaus. Dort erstand Michael Heseltine die knapp drei Meter hohe Büste, stellte sie auf ein Sockelmauerwerk, von wo aus Lenin fortan den Statue Garden überthront.
Walled Garden als ambitioniertestes Projekt
Angesprochen auf das ambitionierteste Projekt schießt es aus Michael Heseltine wie aus der Pistole: „The Walled Garden!“ Eingefasst von Mauern und Stauden- und Blumenrabatten erstreckt sich der Walled Garden heute über zwei Hektar. Hilfe bei der Planung und Umsetzung des Projekts bekamen die Heseltines vom berühmten britischen Gartendesigner George Carter. In den Planungen war eine Unterteilung des Gartens in vier rechteckige Teile vorgesehen. „Jedes Viertel des Gartens erfüllt einen Zweck. Wir wollten einen Fruitcage, einen Aufenthaltsbereich, einen Kräutergarten und eine Voliere“, erklärt Michael Heseltine. Eine wunderschöne Geometrie von rechteckigen Rasenflächen innerhalb der Viertel lässt die Anlage wie einen typischen englischen Garten wirken.
Ebenfalls sehr ambitioniert und sehr beliebt bei Besuchern ist The Rill. Inspiration fand Heseltine in Gärten Italiens, Hilfe bekam er bei der Umsetzung erneut von George Carter. The Rill ist geprägt von einem Wasserspiel, welches südwärts durch neun identische, rechteckige Pools mit jeweils vier Springbrunnen fließt. Am Kopf des Wasserspiels zeigt sich abermals der mediterrane Einfluss in einer antiken italienischen Steinbank. Am Ende fließt das Wasser in ein Becken, welches mit Steinen gebaut wurde, die bei den anfänglichen Aufräumarbeiten auf dem Anwesen zu Tage gefördert worden waren.
Zehn Landschaftsgärtner pflegen Thenford
Heute pflegt ein Team von zehn Landschaftsgärtnern Thenford Gardens and Arboretum. Die Gärten und das Arboretum sind das ganze Jahr über an einer begrenzten Anzahl von Tagen für die Öffentlichkeit zugänglich. Nach vorheriger Vereinbarung sind auch geführte Besuche für Gruppen oder Einzelpersonen mit einem besonderen Interesse an Dendrologie und Gartenbau geöffnet. Tickets müssen vorab online über die Website thenfordarboretum.com zu einem Preis von 16 Pfund (etwa 18 Euro) gebucht werden. Von London aus erreicht man Thenford am besten mit dem Auto in nord-westlicher Richtung über die M40 bis Banbury, alternativ in Richtung Norden über die M1 nach Luton und Milton Keynes, von dort aus nach Westen bis Banbury.