Seidemanns Substrat-Mischung: sechs Jahre antasten und ausprobieren
Seidemanns Substrat besteht aus Rindenhumus, gut verrottetem Gartenkompost, Holzfaser, Kokosmark (maximal zehn Prozent), Bims und Perlite. Als Zutat, die sich besonders durch ihre Pufferwirkung bewährt hat, gibt er fünf Prozent Regenwurmhumus hinzu. Sechs Jahre antasten und ausprobieren hat es gedauert, bis Seidemann die optimale Mischung gefunden hatte, die in allen seinen Kulturen funktioniert. Und auch das typische Trauermücken-Problem hat er durch eine Erkenntnis gelöst: „Wir verwenden keinerlei Substrat-Bestandteile mehr, die Hefe produzieren: Keine effektiven Mikroorganismen, keine Phytopellets, keine Hornspäne – seit neun Monaten sind wir trauermückenfrei“, sagt er stolz.
Auch in der Düngung geht Seidemann eigene Wege. Zur Stickstoff-Bevorratung gibt er seiner Substrat-Mischung Schafswollpellets als Dauerbevorratung und für die kurzfristige Verfügbarkeit Biofert, ein Abfallprodukt aus der Zitronensäure-Produktion, sowie Biohühnertrockenkot hinzu – beide liefern Stickstoff in Ammonium-Form. Direkt nach dem Topfen düngt er zudem sofort mit Traubentrester als schnell verfügbarem Stickstoff-Lieferanten. Alle anderen notwendigen Pflanzennährstoffe enthält sein Substrat bereits durch die Anteile an Rindenhumus, Schafwolle und Kompost.
Torffreie Kultur und ausgetüftelte Düngung funktioniert gut
Das Ganze kling auf den ersten Blick kompliziert, ist auch das Ergebnis langjährigen gemeinsamen Ausprobierens innerhalb einer großen Gruppe von Bioanbauern – aber nun funktioniert die torffreie Kultur und ausgetüftelte Düngung gut. „Unser Ziel ist, das Substrat möglichst salz- und phosphorarm zu halten. Das schaffen wir dank der Pufferung durch den Regenwurmhumus. Außer Stickstoff müssen wir bei unserer Substrat-Mischung in der Kulturzeit nichts mehr dazugeben“, erläutert der findige Gärtner.
Insgesamt nimmt Seidemann mindestens zehn Prozent mehr für seine torffrei produzierte Ware gegenüber konventioneller Ware ein, die Produktionskosten an sich liegen etwa zehn bis 15 Prozent höher. „Stickstoff ist der teuerste Nährstoff, das schlägt natürlich zur Buche“, sagt er. Die Kultur funktioniert anschließend genauso unproblematisch wie eine konventionelle Kultur, „aber mit allen Vorteilen des Bioanbaus“, freut sich der Gärtner – wie besserem Wurzelwachstum und keinerlei Pilzbefall dank der im Substrat vorhandenen Antagonisten.
Pflanzen halten deutlich länger als in Torfsubstrat produzierte
Das gilt übrigens auch für die Weiterkultur und Standzeit beim Kunden: „Unsere Kunden bestätigen uns, dass die Pflanzen aufgrund der besseren Wurzeln gut weiterwachsen und deutlich länger halten als die im Torfsubstrat produzierten, das Substrat sich besser wiederbenetzen lässt. Und die Pflanzen zeigen dabei exzellente Qualität. „Bioware darf beim Kunden nicht ‚bio‘ aussehen, sondern gut oder besser als konventionelle Ware“, weiß Seidemann um das Einkaufverhalten der Kunden.
Aufwendiger sei die Kultur in torffreiem Substrat nicht: Am Anfang müsse man zwar etwas mehr gießen, danach aber deutlich weniger als in konventioneller Kultur, sind seine Erfahrungen. „Es funktioniert. Und es zahlt sich aus, ich verdiene Geld damit“, sagt der Unternehmer.