Uni-Projekt: Roboter für den Baumschnitt auf Streuobstwiesen

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Auf einen bereits existierenden fahrbaren Prototypen wurde ein zusätzlicher Roboter-Arm montiert, mit dessen Hilfe auch der Hochentaster in die richtige Schnittposition gefahren wird. Foto: Universität Hohenheim/Emilie Jung

Lebensraum für zahllose Tier- und Pflanzenarten, Genreservoir für tausende Obstsorten und tonnenweise Früchte für die Weiterverarbeitung zu Saft und Co. – Streuobstwiesen erfüllen viele wichtige Funktionen. Trotzdem gehen ihre Bestände unter anderem aufgrund mangelnder Pflege zurück. Abhilfe will hier ein Projekt der Uni Hohenheim schaffen, in dem an einem Roboter gearbeitet wird, der den Baumschnitt künftig weitgehend autonom erledigen soll.

Roboter soll beim Erhalt von Streuobstwiesen helfen

Wie die Universität Hohenheim jüngst bekanntgab, arbeitet der Agrartechniker Dr. David Reiser derzeit zusammen mit dem Doktoranden Jonas Straub und der wissenschaftlichen Hilfskraft Jonas Boysen im Fachgebiet für Verfahrenstechnik in der Pflanzenproduktion an der Entwicklung eines autonomen Roboters, der in Zukunft beim Erhalt von Streuobstwiesen helfen soll. Denn für langlebige und gesunde Bäume braucht es einen regelmäßigen und fachgerechten Schnitt, wie die Wissenschaftler erklären. Genau dieser unterbleibt jedoch häufig, denn während Obstbauern bei der Ernte und dem Auflesen der Früchte inzwischen von verschiedenen Maschinen wie etwa Baumschüttlern unterstützt werden, muss der Baumschnitt immer noch von Hand erledigt werden. Die Folge: Rund 80 Prozent der Bäume werden laut Uni Hohenheim gar nicht geschnitten.

Fahrbarer Prototyp mit zusätzlichem Roboter-Arm ausgestattet

Genau hier setzt das wissenschaftliche Projekt von Reiser, Straub und Boysen an. „Mit Hilfe des Roboters möchten wir dazu beitragen, dass die Bäume möglichst lange gesund und am Leben bleiben“, führt Reiser zu den Entwicklungsarbeiten aus, die unter anderem mit 113.000 Euro aus dem Eliteprogramm für Postdoktoranden der Baden-Württemberg-Stiftung gefördert werden. Wie die Uni Hohenheim berichtet, haben die drei Wissenschaftler auf einen bereits existierenden fahrbaren Prototypen einen zusätzlichen Roboter-Arm montiert, wie er auch in industriellen Produktionsstraßen eingesetzt wird. Dieser Knickarm- oder auch Gelenkarm-Roboter sei in alle Richtungen frei beweglich, sodass damit jeder beliebige Punkt in seiner Reichweite angesteuert werden könne.

Zusätzlich ist der Arm den Angaben zufolge mit speziellen Sensoren ausgestattet, die bei der Navigation und dem Erkennen der Bäume und ihrer Strukturen helfen sollen. „Während der Roboter um den Baum herumfährt, erfassen wir über einen so genannten LiDAR-Scanner dessen dreidimensionale Struktur. Ähnlich wie beim Radar tastet dabei ein Laser die Umgebung ab und misst den Abstand zu den Objekten. Aus vielen einzelnen Abstandsmessungen entsteht dann im Computer eine Punktwolke, die die dreidimensionale Struktur des Baumes abbildet“, erklärt Reiser die Funktionsweise. Mit Hilfe des Knickarms wird demnach auch der Hochentaster – eine kleine auf einen Teleskopstab montierte Kettensäge – in die richtige Schnittposition gefahren.

Reiser: „Noch viel innovative Entwicklungsarbeit erforderlich“

„Aktuell arbeiten wir daran, dem Computer beizubringen, wo der Roboter die Säge ansetzen soll“, so Reiser. „Dabei ist Baumschnitt eine Wissenschaft für sich, man könnte auch fast von Philosophie sprechen.“ Der Nutzer soll später zwischen verschiedenen Schnittweisen wählen können, berichten die Wissenschaftler. Denn während manchmal beispielsweise ein durchgehender Hauptstamm stehen bleiben soll, bei dem anschließend die Verzweigungen gekürzt werden, müsse in anderen Fällen der Hauptstamm gekürzt werden, um eine lichte Krone mit vielen Verzweigungen zu bekommen. Langfristiges Ziel ist zudem, den Roboter völlig autonom auf Streuobstwiesen arbeiten und Äste bis zu einer Höhe von sieben Meter zurückschneiden zu lassen. „Eine besondere Herausforderung liegt in der hohen Variabilität der Streuobstwiesen“, sagt Reiser. „Um dort autonom arbeitende Roboter einsetzen zu können, ist noch viel innovative Entwicklungsarbeit erforderlich.“ Derzeit muss der Roboter noch von Hand zu den einzelnen Bäumen und Schnittstellen gesteuert werden.

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