Verbot unlauterer Handelspraktiken: Lichtblick für Gartenbau

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Mit dem Gesetzentwurf will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner Augenhöhe zwischen kleineren Erzeugern und dem Handel schaffen. Foto: Screenshot YouTube

Kurzfristige Stornierungen, lange Zahlungsziele für verderbliche Waren oder einseitige Änderungen der Lieferbedingungen – unlautere Handelspraktiken wie diese sollen künftig verboten werden. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einem entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesagrarministeriums zugestimmt, von dem auch gärtnerische Unternehmen profitieren sollen.

Klöckner: „David gewinnt gegenüber Goliath deutlich an Stärke“

Unter dem Motto „Fairplay für unsere Bauern“ will Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner mit dem von ihr vorgelegten Gesetzentwurf gegen unfaire Handelsbeziehungen vorgehen. Denn aufgrund des herrschenden Ungleichgewichts am Markt – die vier größten Handelsketten verfügen laut Bundeslandwirtschaftsministerium über eine Marktmacht von über 85 Prozent – seien kleinere Erzeuger klar benachteiligt. „Mit dem Gesetz schaffen wir Augenhöhe, stärken die regionale Produktion und den Wettbewerb. Häufig blieb kleinen Lieferanten nichts Anderes übrig, als die unfairen Handelsbedingungen zu akzeptieren, wollten sie nicht ausgelistet werden. Das wird nun ein Ende haben! Oder anders ausgedrückt: Damit gewinnt David gegenüber Goliath deutlich an Stärke“, so Klöckner bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs vor der Presse.

Handelspraktiken, die laut Gesetzentwurf künftig verboten sein sollen

Konkret verboten werden soll demnach:

  • dass der Käufer Bestellungen von verderblichen Lebensmitteln kurzfristig beim Lieferanten storniert
  • dass Händler einseitig die Lieferbedingungen, Qualitätsstandards, Zahlungsbedingungen, Bedingungen für Listung, Lagerung und Vermarktung ändern
  • dass für verderbliche Lebensmittel später als 30 Tage und für nicht-verderbliche Lebensmittel später als 60 Tage nach Lieferung gezahlt wird
  • dass der Käufer geschlossene Liefervereinbarungen trotz Verlangen des Lieferanten nicht schriftlich bestätigt
  • dass die Käufer Geschäftsgeheimnisse von Lieferanten rechtswidrig erwerben und nutzen
  • dass der Käufer mit Vergeltungsmaßnahmen kommerzieller Art droht, wenn der Lieferant von seinen vertraglichen oder gesetzlichen Rechten Gebrauch macht
  • dass Käufer Entschädigungen vom Lieferanten für die Bearbeitung von Kundenbeschwerden verlangen, ohne dass ein Verschulden des Lieferanten vorliegt
  • dass Käufer vom Lieferanten verlangen, Kosten zu tragen, die in keinem spezifischen Zusammenhang mit den verkauften Erzeugnissen stehen
  • dass die Rückgabe nicht verkaufter Erzeugnisse an den Lieferanten ohne Zahlung des Kaufpreises erfolgt
  • dass der Käufer vom Lieferanten eine Zahlung für die Lagerung der Erzeugnisse verlangt
  • dass der Lieferant Kosten zu tragen hat, die dem Käufer ohne ein Verschulden des Lieferanten entstehen, nachdem die Lieferung dem Käufer übergeben wurde

Andere Handelspraktiken, wie beispielsweise die Übernahme von Kosten für Preisnachlässe im Rahmen von Verkaufsaktionen durch den Lieferanten oder dessen Beteiligung an Werbekosten des Händlers sollen dem Gesetzentwurf gemäß nur dann erlaubt sein, wenn sie „vorher ausdrücklich und eindeutig zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden“, informiert das Bundeslandwirtschaftsministerium. Entscheidungen über Verstöße gegen das Gesetz wird demnach die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als Durchsetzungsbehörde im Einvernehmen mit dem Bundeskartellamt treffen. Laut dem Gesetzentwurf, mit dem die EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UTP) in deutsches Recht umgesetzt wird, drohen bei Verstößen Geldbußen von bis zu 500.000 Euro. Wie die TASPO auf Nachfrage beim Bundeslandwirtschaftsministerium erfuhr, soll von den neuen Regeln auch der Gartenbau profitieren, der „Lebende Pflanzen“, „Waren des Blumenhandels“, Obst und Gemüse direkt an den LEH beziehungsweise an den Großhandel liefert.

Zentralverband Gartenbau und Bauernverband fordern schnelle Umsetzung

Als einen „Lichtblick für die gärtnerischen Unternehmen“ bezeichnete ZVG-Generalsekretär Bertram Fleischer den Gesetzentwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums zum Verbot unlauterer Handelspraktiken. Produzenten von Obst, Gemüse und Pflanzen hätten sich seit Jahren mit unfairen Forderungen von Abnehmern auseinandersetzen müssen. Von Seiten des Handels seien die Anforderungen an die Produzenten kontinuierlich gestiegen, einhergehend mit einem massiven Preisdruck, der nicht selten in unfaire Handelspraktiken mündete. Der Zentralverband Gartenbau (ZVG) habe sich wiederholt bei der Politik dafür eingesetzt, dieses Gebaren zu unterbinden. „Eine schnelle Verabschiedung und Umsetzung der neuen Regeln steht nun an vorderster Stelle“, so Fleischer weiter.

Einen zügigen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens fordert auch der Deutsche Bauernverband (DBV). „Unlautere Handelspraktiken müssen endlich ein Ende haben“, so DBV-Präsident Joachim Rukwied, denn: „Wettbewerbsschädliche Konzentrationen im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und teilweise in den vorgelagerten Stufen führen zu Wertschöpfungsverlusten in der Landwirtschaft und bewirken die Gefahr missbräuchlicher Ausnutzung konzentrierter Nachfragemacht. Der Gesetzentwurf des BMEL stärkt die Position der Landwirte in der Lieferkette.“ Allerdings bezeichnet der Deutsche Bauernverband den Gesetzentwurf als unvollständig, da der Schutzbereich auf Lieferanten mit einer maximalen Umsatzgröße von 350 Millionen Euro begrenze. Der Schutz vor unlauteren Handelspraktiken müsse jedoch unabhängig von der Größe der jeweiligen Akteure für alle gelten, so der DBV.

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