Weitere Kontroverse bei EU-Vorhaben zur Pflanzenschutzmittelverwendung

Veröffentlichungsdatum: , Sven Weschnowsky / TASPO Online

Die von der EU-Kommission vorgesehenen strengeren Regelungen zum Pflanzenschutzmitteleinsatz sorgen weiterhin für Diskussionen. Ein Konsultationsverfahren wurde daher nun eröffnet. Foto: Laura Arias/ Pexels

Seit Mitte Juni sorgt ein Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln für Zündstoff. Ambitionierte Reduktionsziele und vollständige Verbote in bestimmten Gebieten rufen seitdem Kritik hervor. Bis Mitte September läuft nun ein Konsultationsverfahren.

EU-Kommission will strengere Regeln

Der Rückgang beim Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel schreitet der EU-Kommission aktuell zu langsam voran. Es wurde daher kürzlich ein Vorschlag veröffentlicht, in dem die Kommission den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln strenger reglementieren wolle. Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln solle demnach bis 2030 um die Hälfte reduziert werden. Den Mitgliedstaaten werde es überlassen, eigene nationale Reduktionsziele innerhalb vorgegebener Parameter festzulegen. Chemische Mittel sollen zudem als letzte Möglichkeit gesehen werden und zunächst auf alternative umweltfreundliche Methoden zur Schädlingsprävention und -bekämpfung zurückgegriffen werden. Zudem sei ein generelles Verbot von Pestiziden an Orten wie städtischen Grünflächen, einschließlich öffentlicher Parks und Gärten, Spielplätzen, Schulen, Freizeit- und Sportplätzen, öffentlichen Wegen und Natura-2000-Schutzgebieten sowie in allen ökologisch empfindlichen Gebieten vorgesehen. Mit dem Vorhaben rief die EU-Kommission massive Kritik hervor, vor allem von Erzeugerverbänden und Betrieben.

Konsultationsverfahren der EU eröffnet

Mit der massiven Kritik konfrontiert hat die Kommission jetzt die Möglichkeit geschaffen, die Stimmen der Praxis zu hören und bis zum 19. September 2022 ein Konsultationsverfahren eröffnet. Wie der Deutsche Fruchthandelsverband (DFHV) bereits mitteilte, werde man die Möglichkeit nutzen und eine Stellungnahme bei der EU-Kommission einbringen. Die Konsultation ist offen für Rückmeldungen, die dann von der Europäischen Kommission zusammengefasst und dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt werden, um in die Gesetzgebungsdebatte einfließen zu können. Die Rückmeldungen können direkt online bei der EU eingereicht werden.

Kritik am EU-Vorhaben aus Niedersachsen

Unterdessen ist die Kritik an den Reduktionszielen der EU-Kommission auch aus der niedersächsischen Landesregierung formuliert worden. „Es ist richtig, den Einsatz von Pflanzenschutzmittel zu reduzieren. Das haben wir auch im Niedersächsischen Weg festgelegt. Derzeit wird intensiv an einer Reduktionsstrategie für Niedersachsen gearbeitet. Auch haben wir für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten in Niedersachsen eine gesetzliche Regelung im Naturschutzgesetz zur Ausbringung in Schutzgebieten und im Wassergesetz zu Gewässerrandstreifen gefunden. Diese ist sowohl mit der Landwirtschaft als auch mit den Naturschutzverbänden abgestimmt. Die geplante Verordnung der EU-Kommission zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln würde gravierende Änderungen der Landwirtschaft in den aufgeführten Bereichen mit sich bringen. Bei einigen Passagen gibt es noch erheblichen Klärungsbedarf. In der Verordnung wird beispielsweise davon gesprochen, jegliches Pflanzenschutzmittel in Schutzgebieten zu verbieten. Dazu haben wir in Niedersachsen praxisgerechtere Lösungen entwickelt, diese würden damit nicht mehr umsetzbar“, sagt Niedersächsische Umweltminister Olaf Lies.

„Das geplante Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Landschaftsschutzgebieten bedeutet das Aus für viele Höfe in Niedersachsen. Damit verabschieden wir uns von der Selbstversorgung durch die heimische Nahrungsmittelproduktion. Das kann so von Brüssel nicht gewollt sein. Ich erwarte da eine deutliche Korrektur des Gesetzentwurfs“, fordert auch Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast ein Umdenken bei der EU-Kommission.

Umweltinstitut kritisiert BMEL

Befürwortet wird das EU-Vorhaben hingegen vom Umweltinstitut Müchen, welches die Ankündigung des Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) sich gegen ein Pestizidverbot in Landschaftsschutzgebieten einzusetzen kritisiert. „Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, den Einsatz von Pestiziden auf das notwendige Maß zu reduzieren. Angesichts der dramatisch fortschreitenden Biodiversitätskrise ist klar: Dieses notwendige Maß ist Null für chemisch-synthetische Pestizide, und das gilt erst recht in schützenswerten Gebieten. Ein weitreichendes Pestizidverbot in Schutzgebieten muss ein wichtiger Bestandteil einer ambitionierten und konkreten Pestizidreduktionsstrategie sein, ohne die die Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag ein leeres Versprechen bleibt. Die vorausseilende Blockade umfassender Anwedungsbeschränkungen will nicht dazu passen, dass Landwirtschaftsminister Cem Özdemir sich öffentlich weiterhin zu den Zielen der Farm-to-Fork-Strategie und zu einem massiven Ausbau des Ökolandbaus bekennt.“

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