Fachkräfte im eigenen Betrieb ausbilden
Stefan Voigt führt im südwestfälischen Ennepetal einen Betrieb für Garten- und Landschaftsbau. Mit zwei Partnern vor rund 30 Jahren gegründet, hat das Unternehmen nun knapp 30 Mitarbeiter. Da in nahezu allen Branchen Personalmangel herrscht, dürfte dies in einem körperlich anspruchsvollen Beruf wie dem des GaLaBaus nicht anders sein – so die Überlegung und die entsprechende Frage. Doch Stefan Voigt winkt ab: „Wir haben keine Personalprobleme, 80 Prozent unserer Mitarbeiter haben wir selbst ausgebildet.“
Das bestätigt auch Kai Jentsch (Vorsitzender des FDF Hamburg und Schleswig-Holstein), der mit seiner Frau Birte ein Blumenfachgeschäft (Endverkaufsbetrieb) in Bargteheide vor den Toren der Hansestadt leitet. Mindestens einer, manchmal zwei Auszubildende wurden in den vergangenen Jahrzehnten jährlich eingestellt. Wie bei Stefan Voigt war das die Basis für ausreichend Fachkräfte im eigenen Betrieb. Doch was ist das Geheimnis, was muss man als Betrieb mitbringen, um Jugendliche für das Berufsbild des Floristen (das bekanntlich an Imageproblemen leidet) zu begeistern? Birte Jentsch nennt spontan „eine gute Website“, denn das sei das Erste, „was sich die Jugendlichen anschauen“. Eine Rolle dabei würden auch „die beruflichen Erfolge spielen“, die sich Auszubildende des Betriebs erarbeitet hätten.
Was Jugendlichen heute wichtig ist
Den Jugendlichen wären heute viele Dinge wichtig, die außerhalb der „monetären Fragen“ liegen würden. Etwa „das Teamgefüge“. Die jungen Menschen von heute hätten „ein stärkeres Selbstbewusstsein als früher, sie wollen auf Augenhöhe abgeholt werden“. Sie kennen ihre „Rechte ebenso gut wie ihre Pflichten“. Die Vereinbarkeit von „Beruf und Freizeit“ spiele eine ausgeprägte Rolle. Ebenso würden „die Fragen der Nachhaltigkeit im Betrieb“ bei der Entscheidungsfindung zentral sein. „Diesen Aspekt hat es früher so ausgeprägt nicht gegeben.“ Unter den rein sachlichen Fragen stehe die Mobilität in der ersten Reihe.
Ihr selbst sei wichtig, dass die jungen Leute auch „wirklich zu uns wollen“, meint Birte Jentsch. Daher macht jeder zunächst einmal ein Praktikum. Birte Jentsch meint, dass das schulische Niveau der Ausbildungsaspiranten gestiegen ist, nicht wenige hätten „Fachhochschulreife“. Da man den Auszubildenden mehr als das Übliche bieten müsse, wurde gemeinsam mit anderen Ausbildungsbetrieben schon vor Jahren in Norddeutschland die Initiative „Top Ausbildung Florist“ gegründet. Den beteiligten Auszubildenden werden Aktivitäten geboten, die von hohem Reiz sind. Etwa die Teilnahme am jährlichen Bulli-Festival auf der Insel Fehmarn, wo für das Publikum Haarkränze gefertigt werden.
Persönliches Engagement entscheidend
Doch wie sieht die Situation in größeren Unternehmen der Branche aus, etwa den Gartencentern, die ja nicht nur Floristik-Auszubildende suchen? Nachgefragt bei Jeanette Dernier, seit acht Jahren Leiterin der Personalabteilung bei Pflanzen-Kölle. Die meisten Auszubildenden sind bei Pflanzen-Kölle in den Handelsbereichen beschäftigt. Am schwierigsten sei es, Auszubildende „für den Gartenbau und die Floristik zu finden“, erklärt Jeanette Dernier. Wie Birte Jentsch hebt sie die Bedeutung der Homepage als Bewerbungsmedium hervor. „Rund 70 Prozent“ der Bewerbungen kommen über diesen Weg. Der Rest käme über Initiativbewerbungen oder Azubi-Portale.
Die Entscheidungen werden bei Pflanzen-Kölle dezentral getroffen, die Filialleiter oder die Leiter der jeweiligen Kostenstellen stehen in der Verantwortung. Es gibt keine übergeordneten Vorgaben, etwa bezüglich eines Noten-Durchschnitts. „Entscheidend ist das persönliche Engagement, die Leute müssen ihre Berufsausbildung wirklich wollen“, meint Jeanette Dernier und bestätigt damit das Hauptkriterium von Birte Jentsch. Überraschend ist die Übereinstimmung von Jeanette Dernier und Birte Jentsch bezüglich der Anforderungen, die die jungen Menschen an ihre Ausbildungsbetriebe haben. „Die Vereinbarung von Beruf und Freizeit ist ihnen wichtiger als Geld“, hat die Kölle-Personalleiterin festgestellt.
► Mehr zur Aus- und Weiterbildung in der Grünen Branche lesen Sie im „Thema des Monats“ in g&v 12/2022.